noah leidinger

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Notwehr und Sprachgewalt

„Nicht rechtswidrig handelt, wer sich nur der Verteidigung bedient, die notwendig ist, um einen gegenwärtigen oder unmittelbar drohenden rechtswidrigen Angriff auf Leben, Gesundheit, körperliche Unversehrtheit, sexuelle Integrität und Selbstbestimmung, Freiheit oder Vermögen von sich oder einem anderen abzuwehren. Die Handlung ist jedoch nicht gerechtfertigt, wenn es offensichtlich ist, dass dem Angegriffenen bloß ein geringer Nachteil droht und die Verteidigung, insbesondere wegen der Schwere der zur Abwehr nötigen Beeinträchtigung des Angreifers, unangemessen ist.“ – Ausschnitt aus dem österreichischen Strafgesetzbuch § 3.

Die Notwehr ist ein sehr mächtiges juristisches Konzept welches dem Verteidiger erlaubt, in einer Art und Weise straffrei zu handeln, die unter anderen Umständen verboten ist.

Vor allem die radikalen Linken Kräfte in unserer Gesellschaft betonen immer wieder, dass Sprache eine Form der Gewalt ist.

Opfer der Gewalt?

Ganz klar die Teile der Gesellschaft, die ohnehin immer unterdrückt werden. Dabei reicht es vielfach schon, bestehende Machtstrukturen oder Eigentumsverhältnisse nicht anzuprangern oder mit eigenen Aussagen vielleicht sogar zu unterstützen – so etwas kann nur als eine Manifestierung der Verhältnisse und damit als Angriff gewertet werden.

Wenn aber Sprache Gewalt ist und man mit Sprache angegriffen wird, findet man sich in einer Notwehrsituation wieder, so die Logik dieser Gruppierungen. In dieser Situation kann man dann auch in einer Art und Weise handeln, die normalerweise nicht erlaubt ist.

Kann Universitätslesungen mit Lärm und Gewaltandrohungen sprengen. Kann jede Debatte mit lautem Gebrüll unterbinden. Kann wenn es sein muss, oder gerade passt, auch zu physischer Gewalt greifen.

Ich glaube wir müssen hier sehr vorsichtig sein. Klar, man muss psychische Gewalt ernstnehmen, doch man muss sich auch klarmachen, welche weiteren Konsequenzen es hat, wenn Sprache zu schnell als Gewalt abgetan wird.

Wenn plötzlich jeder meint, das Recht zu haben, sich von anderen Meinungen und Aussagen gewalttätig angegriffen zu fühlen, und zu Mitteln der Notwehr greifen zu können, dann kann man es mit sinnvollen Debatten auch gleich lassen.

Es sagt sich leicht, dass Sprache Gewalt ist und das ist in gewissen Fällen auch richtig. Wenn aber die Folgen dieser Gleichsetzung von Sprache und Gewalt derartig drastische Konsequenzen haben, wie wir sie vielerorts erleben, ist es besser, wenn wir Sprache Sprache und Gewalt Gewalt sein lassen.

Zum Weiterhören:

https://www.youtube.com/watch?v=bz0oxIZ3xIg