noah leidinger

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Infotainment - der Zeilentest

In meinem Artikel zu Unterhaltungsdiskussionen argumentiere ich, dass viele scheinbar produktive Debatten nicht viel mehr sind als belangloses Entertainment. Was produktiv wirkt, bringt also nicht mehr hervor als alltäglicher Smalltalk.

Dasselbe gilt auch für Medien und Informationen – so zumindest die These des Unternehmers Balaji Srinivasan.

„Typically, people will put, let's say, war reporting and Kim Kardashian reporting at opposite ends of the spectrum. […] I actually argue they're both infotainment at one end of the spectrum, and the other end is news you can use or tutorials.” - Balaji Srinivasan im North Star Podcast.

Die neusten Gerüchte über den Beziehungsstatus von berühmten Popstars sind offensichtlicherweise reines Entertainment – solche Informationen fallen also in den Bereich des Infotainments. Doch laut Balaji Srinivasan sind auch die neusten geopolitischen Nachrichten im Regelfall Infotainment.

Denn weder die Gerüchte über Kim Kardashian noch die Nachrichten über die neusten Entwicklungen im Handelskonflikt zwischen den USA und China haben direkte praktische Relevanz für das eigene Leben.

„Are you going to in particular, spend the effort to check every line of this information?” - Balaji Srinivasan im North Star Podcast.

Was unterscheidet also Infotainment von intellektuell hochwertigen Informationen? Die Antwort liefert der Zeilentest. Srinivasan liefert hierfür das Beispiel eines Tutorials.

Wenn ich mir ein Tutorial durchlese, in welchem erklärt wird, wie ich beispielsweise eine Website baue, so muss ich jede Zeile des Tutorials beachten. Denn jede Zeile ist direkt relevant für den Bau der Website.

Ich werde aber nicht nur jede Zeile durchlesen, ich werde sie auch automatisch verifizieren. Falls das Tutorial falsche Informationen beinhaltet, wird die Website nicht funktionieren.

Ähnlich steht es um Nachrichten, die einen direkten Effekt auf meine Handlungen haben. So beeinflussen beispielsweise Informationen zum Preis einer bestimmten Aktie konkret meine Entscheidung, die Aktie zu kaufen oder nicht.

Natürlich erfordern nicht alle intellektuell hochwertigen Informationen, dass ich jede Zeile ganz exakt beachte. Was Balaji Srinivasan eigentlich sagen will: Man kann wirkliche Informationen und reines Infotainment an der Ernsthaftigkeit unterscheiden, mit der man sie konsumiert.

Wenn eine Information mein Leben direkt beeinflusst, werde ich sie mit äußerster Ernsthaftigkeit konsumieren und auch die Korrektheit der Informationen genauestens überprüfen. Dass die meisten Nachrichten recht belanglos sind, merke ich im Gegenzug bereits daran, dass ich sie oft ohne weitere Recherche aufnehme und abspeichere.

Zusammengefasst: Intellektuell produktive Informationen haben entweder einen integrierten Verifizierungsmechanismus (e.g. Tutorial) oder sind von derartig hoher praktischer Relevanz, dass man einen starken Anreiz verspürt, sie zu verifizieren.

Zum Weiterlesen:

https://www.perell.com/podcast/balaji-srinivasan-living-in-the-future