noah leidinger

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Liebe & Leid - Realitätscheck

Ein Großteil unseres Lebens dreht sich um Fiktionen, die wir Menschen selbst geschaffen haben.

Geld ist eine Fiktion.

Marken sind eine Fiktion.

Politische Institutionen sind eine Funktion.

Nationen sind eine Fiktion.

Wie unterscheidet man aber menschliche Fiktionen von der tatsächlichen Realität? Für Yuval Noah Harari findet man die Antwort auf diese Frage im Leid. Was leiden kann, ist real. Was kein Leid verspürt, ist eine Fiktion.

„And there is a very, very simple test to know whether the hero of the story that you’re telling is a real entity or a fictional entity invented by humans and existing only in the imagination. And that is the test of suffering. That a human being can suffer. A cow can suffer, an elephant can suffer, but a nation can’t. If a nation loses a war, it doesn’t suffer. It has no mind. It can’t feel pain or sadness or fear. The soldiers who are fighting for the nation, the citizens in that nation who are being conquered by some other nations, they can suffer a lot of things, but the nations can’t suffer. It should be obvious.” – Yuval Noah Harari in einem Interview mit Tim Ferriss.

Offensichtlicherweise leidet Apple nicht, wenn weniger Smartphones verkauft werden. Die Mitarbeiter von Apple können leiden, die Investoren von Apple können leiden, Apple selbst kann nicht leiden.

Aus Sicht des Philosophen Vilém Flusser gibt es neben dem Leid noch einen zweiten entscheidenden Realitätstest: die Liebe.

„Wenn ich meiner Frau die Treue halte, das heißt, mich aus freiem Willen einer Bindung unterwerfe, so will ich in meiner Frau einen anderen erkennen, der mich wiederlieben kann. Wenn ich mich aus freien Stücken, aus heißer Liebe zum Vaterland einer Bindung bis zum Tode unterwerfe, dann bin ich ein Verbrecher und ein Trottel. Denn was immer Nation einmal geheißen haben mag und welchen wertvollen Kern sie auch besitzt, sie kann mich nicht wiederlieben. Ich kann mich in ihr nicht erkennen. Mein Engagement für sie ist eine existentielle Lüge.“ - Vilém Flusser in seinem Text „Gibt es die französische Nation noch immer?“

Nur was mich zurücklieben kann, ist real. Ein anderer Mensch kann mich zurücklieben, ein Tier kann mich in gewissem Maße zurücklieben. Doch so sehr ich mein Vaterland auch liebe – es wird mich niemals zurücklieben.

Zum Weiterlesen:

https://tim.blog/2020/10/30/yuval-noah-harari-transcript/

Flusser, Vilém: Von der Freiheit des Migranten. Einsprüche gegen den Nationalsozialismus. Berlin: 2000. [i]

 

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