noah leidinger

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Metarationalität – keine Ahnung!

“I don’t play in a game where the other people are wise and I am stupid. I look for a place where I am wise and they are stupid. […] God bless our stupid competitors, they make us rich.” – Charlie Munger bei der Hauptversammlung vom Daily Journal im Februar 2020.

In der Welt der Value-Investoren, beziehungsweise der Value-Investing-Religion mit dem Milliardär Warren Buffett als Messias, ist das Konzept des „Circle of Competence“, des eigenen Kompetenzbereichs, ein zentraler Aspekt jeder Investitionsentscheidungen.

Man investiert dort, wo man einen Vorteil gegenüber dem Markt hat, wo man bessere Informationen, originelle Sichtweisen oder anderweitige Expertise besitzt. Man investiert nicht dort, wo alle anderen investieren obwohl man sich in diesem Bereich gar nicht auskennt.

Eigentlich logisch. Leuchtet sofort ein. In der Praxis? Lieber doch nicht.

“My opinion about Corona is not important.” – Liverpool Trainer Jürgen Klopp in einer Pressekonferenz.

Diese Aussage von Jürgen Klopp hat viele beeindruckt. Logisch. Menschen zu treffen, die nicht zu jedem Thema eine Meinung haben ist äußerst selten. Wenn man zu einem Thema gefragt wird, muss man auch was dazu sagen, das lernt man schon in der Schule.

Keine Antwort & keine Meinung? Schlechte Noten, schlechte Publicity.

Dabei ist keine Meinung in vielen Fällen die rationalste Meinung. Doch die meisten Menschen die sich selbst als rational bezeichnen meinen damit, dass sie eine in sich logische und faktenbasierte Meinung haben. Einen Schritt weiter zu gehen und die Frage zu stellen, ob es überhaupt rational ist, eine Meinung zu haben, das gelingt nur einer winzigen Minderheit.

Tyler Cowen und Robin Hanson bezeichnen Mitglieder dieser Minderheit in ihrem Paper „Are Disagreements Honest“ als meta-rational.

Meta-rational ist jemand, der wirklich das Ziel der Wahrheit verfolgt und andere Überlegungen, wie beispielsweise die eigene Popularität, aus seinen Meinungen ausschließt. Meta-rational ist jemand, der seine eigene Meinung nicht überschätzt und sich bewusst ist, wie hoch die eigene Meinung gegenüber der Meinung des Gegenübers einzuschätzen ist.

Zwei meta-rationale Menschen sollten nach einer Debatte so gut wie nie einen Meinungsunterschied haben. Denn nach einer Diskussion haben beide die gleichen Informationen, beide sind sich ihrer eigenen Fähigkeiten und den Fähigkeiten des anderen bewusst. Beide sollten dann ihre vorhergehende Meinung und die Meinung des anderen gewichten und so zur gleichen Schlussfolgerung kommen.

Dass zwei Menschen fast nie einen Meinungsunterschied haben, ist natürlich mehr eine theoretische Wunschvorstellung als Realität. Der entscheidende Punkt bei der Meta-Rationalität ist aber ohnehin ein anderer.

Es geht darum, sich die Frage zu stellen, ob es irgendeinen Grund dafür gibt, dass das Gegenüber aktuell eine irrationalere oder schlechtere Meinung vertritt als man selbst. Es geht darum, sich einzugestehen, wenn das Gegenüber mehr Expertise zu einem Thema hat und diese Meinung dann über die eigene zu stellen. Es geht darum, zu wissen, wann man sprechen soll und wann die eigene Meinung einfach nichts zur Sache tut.

Zum Weiterlesen:

https://www.youtube.com/watch?v=HS8neXkNnhw

http://mason.gmu.edu/~rhanson/deceive.pdf

https://tim.blog/2020/03/05/tyler-cowen/