noah leidinger

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Lösungsorientierte Lösung - Werkzeuge

„Ich frage Sie noch einmal: War es nicht so, dass Sie das Stadion nur deshalb nicht räumen ließen, weil Sie wussten, dass der Angeklagte im Ernstfall schießen würde?“ – die Staatsanwältin in Ferdinand Von Schirachs „Terror. Ein Theaterstück und eine Rede.“.

Im Buch „Terror. Ein Theaterstück und eine Rede“ liefert die Staatsanwältin ein entscheidendes Argument gegen die Unschuld des Angeklagten. Wenn die Luftwaffe gar nicht in der Lage gewesen wäre, das von den Terroristen gekaperte und auf die Allianz Arena zustürmende Passagierflugzeug abzuschießen, hätte man das Stadium einfach räumen lassen. Doch an diese Lösung hatte man gar nicht gedacht. In den Köpfen der Luftwaffe gab es nur zwei Alternativen: Schießen oder nicht Schießen. Die anderen Optionen wurden unterbewusst verdrängt.

Unabhängig von dieser konkreten Situation handelt es sich hierbei um ein ganz generelles Problem der Entscheidungsfindung. Es handelt sich dabei um die lösungsorientierte Lösung.

Der amerikanische Philosoph Abraham Kaplan hat das Problem der lösungsorientierten Lösung in seinem Hauptwerk „The Conduct of Inquiry“  als „the law of the instrument“ bezeichnet. Das Gesetz des Werkzeuges ist den meisten unter dem Zitat „Wenn du einen Hammer hast, betrachtest du jedes Problem als Nagel.“ bekannt.

Doch während das Zitat zu einer stumpfen und wenig geistreich wirkenden Phrase verkommen ist, handelt es sich bei dem Gesetz des Werkzeuges um einen der wichtigsten Denkfehler in Entscheidungsmechanismen.

In fast allen Lebensbereichen sind Entscheider mit einer begrenzten Anzahl an Lösungen und Werkzeugen vertraut. Die Lösung neuer Probleme orientiert sich stärker an bekannten Lösungen, als am Problem selbst.

Damit ist das Konzept der lösungsorientierten Lösung zum einen ein potentes Argument für mehr First-principle-thinking und zum anderen warnt es vor einer zu starken Spezialisierung und Engstirnigkeit.

Zum Weiterlesen:

https://josemdev.com/articles/avoiding-the-law-of-the-instrument/#rf1

Schirach, Ferdinand: Terror. Ein Theaterstück und eine Rede. München: 2016.