noah leidinger

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Streaming Krieg – Wunderwaffe Punkteprogramm?

Wenn es aktuell eine spannende Branche an der Schnittstelle zwischen traditionellen und digitalen Medienangeboten gibt, dann ist es die Streaming Branche. In den USA spricht man seit einiger Zeit schon nur mehr von einem Streaming Krieg, der zwischen Netflix, Hulu, Disney, Amazon und wie sie sonst noch alle heißen, entbrannt ist.

Sowohl das Marktforschungsunternehmen Nielsen als auch die Beratungsfirma PwC haben kürzlich Berichte herausgebracht, im Zuge derer sie das US-amerikanische Konsumverhalten in Bezug auf Online-Streaming analysiert und sich mit den Zukunftsperspektiven der Branche auseinandergesetzt haben.

Und während Streaming aktuell nur 19% des gesamten TV-Konsums ausmacht, wächst diese Branche zum einen schnell und zum anderen ist der Großteil der US-Amerikaner bereits Abonnent von einer und meist sogar mehrerer Streaming Plattformen.

Wichtiges Kriterium sind neben den Inhalten der Preis und die Nutzerfreundlichkeit. Beide Berichte sehen aber die Inhalte als den schlussendlich treibenden Faktor an, rund um welchen sich die Spreu vom Weizen trennen wird.

So sind viele Konsumenten zwar bereit, neue Streaming-Dienste zu abonnieren, aber laut der Studie von PwC geben 64% an, dafür einen anderen Dienst abzubestellen.

Es stellt sich also die Frage, wie die Unternehmen in diesem Streaming Krieg bestehen oder gar siegreich daraus hervorgehen können. Zum einen braucht es mit Sicherheit ein flexibles Preismodell, welches beispielsweise in mit Werbung unterstützten Modellen erlaubt, die Inhalte auch zu einem günstigeren Preis zu abonnieren. Darüber habe ich in Bezug auf Netflix schon einmal einen Artikel geschrieben, denn ein einziger Preis bedeutet immer auch ein Preis, der für den Großteil der Nutzer suboptimal ist.

Wie können die Streaming-Plattformen aber vermeiden, sich in einen klassischen Preiskampf, ein Rennen zum Abgrund, zu verheddern?

PwC propagiert die spannende Idee eines Punkte- oder Treueprogramms wie man es von Airlines kennt. Im Zuge des Treueprogramms könnte man beispielsweise Vergünstigungen anbieten oder exklusive Inhalte freischalten. Der Vorteil dieser Programme ist, dass sie die eigene Position festigen und den eigenen Kunden stärker binden, ohne die Konkurrenz direkt anzugreifen. Dadurch wird eine Abwärtsspirale verhindert, wie sie oft entsteht, wenn es zu einem Preiskampf kommt.

Aus spieltheoretischer Sicht haben die beiden Spieltheoretiker und Business-Strategen Barry J. Nalebuff und Adam M. Brandenburger in ihrem Buch „Coopetition“ die Vorteile solcher Treueprogramme in Bezug auf Fluglinien sehr einleuchtend geschildert.

Wenn ein Streaming Anbieter, sagen wir Netflix, beginnt ein Treueprogramm zu starten ist natürlich Netflix erst einmal im Vorteil und wird es schaffen einige Kunden von den anderen Anbietern an sich zu ziehen und die eigenen Kunden noch fester zu binden. Soweit eine Win-Lose-Situation, wie bei einem Preiskampf.

Allerdings wird Netflix durch das Treueprogramm abgeneigt sein, einen Preiskampf zu starten. Ganz im Gegenteil hat Netflix sogar mehr Spielraum die eigenen Preise zu erhöhen, da die Kunden loyaler geworden sind. Bald werden auch die anderen Anbieter mit Treueprogrammen nachziehen und im Zuge ihrer ebenfalls loyaleren Kunden die Preise auch erhöhen. Insgesamt bekommen also alle Anbieter loyalere Kunden, und sind dadurch davon abgeneigt, einen Preiskampf zu starten, wovon alle profitieren.

In diesem Sinne mag in dieser Randnotiz des PwC Reports eine der großen Möglichkeiten stecken, dass der Streaming Krieg ohne viele Tote und mit vielen florierenden Anbietern endet. Man wird sehen, wie dreckig oder sauber die Schlacht in den nächsten Jahren tatsächlich wird.

Zum Weiterlesen:

https://www.pwc.com/us/en/services/consulting/library/consumer-intelligence-series/consumer-video-streaming-behavior.html

https://www.nielsen.com/us/en/insights/article/2020/playback-time-which-consumer-attitudes-will-shape-the-streaming-wars/

Nalebuff, Barry u.a.: Coopetition. 1. A revolutionary mindset that combines competition and cooperation; 2. The Game Theory strategy that’s changing thee game of business. London: 2002.