noah leidinger

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Vertrauen in der Wirtschaft

Wirtschaft ist im Grunde nicht viel mehr als ein gigantisches Netzwerk. Ein gigantisches Netzwerk an Institutionen und Personen, die miteinander handeln, arbeiten, kommunizieren.

Das Ziel dabei: Die verschiedenen Teilnehmer am Netzwerk der Wirtschaft sollen so reibungslos wie möglich interagieren können. Denn je weniger Kosten bei der Interaktion verschwendet werden, desto mehr Ressourcen können in die Produktion von Mehrwert fließen.

Ein essentieller Faktor für das reibungslose Funktionieren menschlicher Netzwerke ist Vertrauen.

Wer sich auf eine wirtschaftliche Interaktion mit einer anderen Person einlässt, geht immer das Risiko ein, dass das Gegenüber mit bösartigen Interessen handelt. Deshalb muss man sich absichern. Man schließt Verträge ab, recherchiert die Geschichte des jeweiligen Partners, führt Due-Diligence durch.

All das kann man sich sparen, wenn man dem Gegenüber vertraut. Vertrauen ist ein informeller aber hocheffizienter Mechanismus, um sichere Interaktionen zwischen Menschen herzustellen.

Dadurch ermöglicht Vertrauen, dass in einem Unternehmen mehr Personbytes und in einer Volkswirtschaft mehr Firmbytes akkumuliert werden.[i]

Genau diese Idee greift auch der Politikwissenschaftler Francis Fukuyama auf. Er unterscheidet familiale Gesellschaften von vertrauensvollen Gesellschaften.

Als Beispiel für familiale Gesellschaften nennt er Länder in Lateinamerika und dem Süden Europas. Dort legen die Menschen tendenziell viel Wert auf die Familie. Entsprechend läuft auch ein großer Teil der Wirtschaft im familiären Umfeld ab. Es gibt viele Familienunternehmen, wenn es aber darum geht, zu skalieren und professionelle Manager zu engagieren, tun sich diese Länder schwer.

Tatsächlich deutet auch die wirtschaftliche Performance dieser Nationen darauf hin, dass die Akkumulierung von Personbytes und Firmbytes nicht so reibungslos abläuft wie in anderen Staaten.[ii]

Vertrauensvolle Gesellschaften findet man in Deutschland, den USA oder Japan. Hier ist die Beziehung zu den eigenen Familienmitgliedern in der Regel weniger stark ausgeprägt. Man vertraut lieber einem kompetenten Fachmann als einem nahen Verwandten.

Durch den allgemein höheren Vertrauensgrad können Interaktionen kosteneffizienter ablaufen, wodurch größere und bessere wirtschaftliche Netzwerke entstehen.

Zum Weiterlesen:

Hidalgo, César: Why information grows. The evolution of order, from atoms to economies. Philadelphia: 2015.

https://www.jstor.org/stable/10.1163/j.ctvrxk3cr.15?seq=3#metadata_info_tab_contents

[i] Die beiden Begriffe habe ich in meinem vorherigen Artikel „Personbyte & Firmbyte“ bereits erläutert.

[ii] Hier stellt sich natürlich die Frage ob Korrelation gleich Kausalität ist. Zumindest scheinen die Fakten die These aber eher zu unterstützen als zu widerlegen.