Füllwörter über Zeitformen
Sprache ist eine Sache der Praxis. Das wird nirgends deutlicher als in der Schule, wo die Lernenden oft selbst nach mehreren Jahren der Übung kein ordentliches Gespräch in der jeweiligen Fremdsprache führen können.
Ein Grund dafür ist sicherlich der falsche Fokus des Kurrikulums.
„While the scholastic-minded will memorize declensions, the a-Platonic nonnerd will acquire, say, Serbo-Croatian by picking up potential girlfriends in bars on the outskirts of Sarajevo, or talking to cabdrivers, then fitting (if needed) grammatical rules to the knowledge he already possesses.” - Nassim Taleb in seinem Buch “The Black Swan”.
In Sprachkursen wird tendenziell hoher Wert auf Konjugationen, Deklinationen und Zeitformen gelegt. Wieso dem so ist, weiß ich nicht genau. Auf jeden Fall handelt es sich hierbei um jene Aspekte der Sprache, die man leicht in Übungen verpacken und abprüfen kann, was mit Sicherheit einer der Gründe für den starken Grammatik-Fokus ist.
Viele werden argumentieren, dass dieser Grammatik-Fokus nötig ist, wenn man die Sprache ordentlich lernen will. Kommunizieren lernt man vielleicht schneller in der Praxis, wer aber nicht wie ein Ausländer klingen will, muss sich intensiv mit der Grammatik auseinandersetzen.
Ich halte diese These für falsch. So legen Sprachkurse sehr oft großen Wert auf die unterschiedliche Verwendung von Imperfekt, Perfekt und anderen Vergangenheitsformen. In den meisten Fällen kommt man aber mit einer Vergangenheitsform problemlos aus, ohne dass die eigenen Aussagen aus Sicht eines Native-Speakers komisch klingen.
So macht es für mich so gut wie keinen Unterschied ob jemand sagt „Ich lernte in der Schule Deutsch“ oder „Ich habe in der Schule Deutsch gelernt“. Ich selbst würde zwar eher leztere Vergangenheitsform verwenden, im Gespräch würde mir der Unterschied aber niemals auffallen.
Wer nativ klingen will, sollte seinen Fokus vielmehr darauf legen, die unterschwelligen Aspekte der Sprache zu lernen. Beispielsweise die Füllwörter. Wer zwischen den eigenen Sätzen dieselben Füllwörter einbaut, wie Native-Speaker und das in einer möglichst guten Betonung, kann seine sprachliche Ausstrahlung mit einem Mal um Größenordnungen verbessern.
Und wenn es um die tatsächlichen Sprachkenntnisse geht, sollte nach dem Erlernen der grammatikalischen Grundlagen der Hauptfokus auf das Vokabular gelegt werden. Denn je mehr Vokabeln man kennt, desto besser kann man Native-Speaker verstehen. Wenn man schließlich einmal so gut wie alles versteht, wird man die grammatikalischen Feinheiten mit der Zeit ganz unterbewusst mitlernen.
Zum Weiterlesen:
Taleb, Nassim Nicholas: The Black Swan. The Impact of the Highly Improbable. London: 2008. [i]
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