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366 Artikel in 366 Tagen

Mit diesem Artikel habe ich das größte Projekt meines Jahres 2020 erfolgreich abgeschlossen: 366 Artikel in 366 Tagen zu schreiben und publizieren.

Was hab ich also beim Schreiben von 366 Artikeln in 366 Tagen gelernt?[i]

Produktionsfunktion

Parkinsonsche Gesetz

Zu Beginn habe ich jeden Tag mehr als zwei Stunden in das Schreiben des täglichen Artikels investiert. Zum einen hatte das mit einer schlechten Produktionsfunktion zu tun. Ich hatte also keine guten Prozesse, um Ideen und Gelerntes in Artikel umzusetzen.

Zum anderen hatte ich aber auch einfach die Zeit. Als im Laufe des Jahres immer wieder andere Projekte mehr Zeit beanspruchten, konnte ich die sieben Artikel plötzlich auch an einem Tag beziehungsweise 5 bis 7 Stunden verfassen.

Die Qualität hat darunter nicht gelitten – was auch einige regelmäßige Leser bestätigten.

Blockarbeit

Ein Bestandteil meiner anfangs schlechten Produktionsfunktion: Ich habe jeden Tag einen einzigen Artikel verfasst. Damit gingen aber täglich 20-30 Minuten verloren, weil ich erst einmal in den Schreibfluss kommen musste.

Besonders effizient und auch qualitativ hochwertig gelingen die Texte, wenn ich 3-4 Texte direkt hintereinander verfasse.

Notizen

Ob Bücher, Podcasts, Artikel oder Videos – der passive Konsum von Medien führt zu einem katastrophalen Lernerfolg.[ii] Man kann ganze Bücher, stundenlange Podcast-Interviews und seitenlange Artikel lesen ohne auch nur eine Idee im Gedächtnis zu behalten, die man selbstständig wiedergeben könnte.

Und so nahm im Laufe des Jahres die Wichtigkeit von Notizen stetig zu. Im gleichen Zug nahm die Schwierigkeit, Ideen für Artikel zu finden, stetig ab. Besonders durch Roam Research konnte ich diesen Aspekt meiner Produktionsfunktion im letzten Monate dieses Jahres nochmals um Größenordnungen verbessern.

Information

Wenn man die konsumierten Informationen in eigene Artikel umsetzen muss, wird man sehr aufmerksam, welche Medien einen dahingehend hochwertigen Informationsgehalt besitzen. Dazu einige Gedanken von mir:

Buch

Bücher verlangen in der Regel ein weitaus höheres Zeitinvestment als andere Medienformen. Dennoch hat sich für mich herauskristallisiert, dass gute Bücher sehr effizient sind. Effizient in dem Sinne, dass pro Leseminute viel Artikel geschrieben werden kann.

Das hat ganz einfach damit zu tun, dass man bestimmte Ideen nach dem Lesen eines Buches meist recht umfänglich begreift. Nach dem Lesen eines Artikels muss man oft noch weiterrecherchieren, um die Essenz der jeweiligen Idee zu verstehen.

Es fällt also recht leicht, die Ideen von guten Büchern, in qualitativ hochwertige Artikel umzusetzen.

Podcast

Podcasts sind sehr ineffizient, wenn man den direkten Weg vom Podcast zum Artikel betrachtet. Ideen werden meist nur angerissen, sodass sich auf dieser Basis nur selten ein Artikel verfassen lässt.

Podcasts sind aber umso bessere Hilfsmittel bei der Generation von neuen Ideen. Auf viele Bücher, spannende Persönlichkeiten und Ideen bin ich erst durch das Hören von Podcasts gestoßen.

Artikel

Ein wirklich guter Artikel oder Essay kann teilweise noch effizienter Artikel hervorbringen als die Lektüre eines Buches.

Allerdings sind solche Artikel sehr selten. Selbst bei oberflächlich gesehen interessanten Artikeln frage ich mich nach dem Lesen oft „So what?“. Nur zu oft enthalten Texte entweder keine neuen Ideen oder behandeln sie nur so oberflächlich, dass man auf ihrer Basis keinen eigenen Artikel verfassen kann.

Papers

Für einige Monate bestanden fast alle Artikel aus der Zusammenfassung eines wissenschaftlichen Papers. Zum einen wurde mir dadurch bewusst, wie viele spannende Inhalte die Wissenschaft täglich produziert. Zum anderen konnte ich auf diese Weise immer recht schnell ein Thema für den nächsten Artikel finden.

Dennoch bin ich von den Papers mittlerweile wieder abgekommen, was zwei Gründe hat. Erstens war die Resonanz auf diese Artikel unterdurchschnittlich – die Leserschaft zeigte also kein sonderlich großes Interesse. Zweitens sind Papers in der Regel sehr nischenhaft – behandeln also sehr spezifische Fragestellungen in sehr kleinen Teilgebieten der jeweiligen Wissenschaft – große Ideen sind eine Seltenheit.

Erfahrungen

Gerade gegen Ende des Jahres konnte ich immer wieder meine eigenen Erfahrungen in die Artikel einfließen lassen. Die Kombination von eigenen Erfahrungen und den Gedanken eines anderen Denkers hat mir beim Schreiben eine große Freude bereitet.

Außerdem kamen diese Artikel bei der Leserschaft meist am besten an.

Schreiben

Schreibblockade

Nach diesem Jahr halte ich das Konzept der Schreibblockade für einen Mythos. Je mehr ich schrieb, desto leichter fiel es mir, mehr zu schreiben. Das übertrug sich auch auf andere Lebensbereiche. Briefe an Familie & Freunde, Texte für die Schule – all das ging plötzlich viel leichter von der Hand.

Perfect practice makes perfect

Zum anderen haben sich die Rechtschreibung und andere formale Aspekte der Sprache um ein Vielfaches verbessert. Das wird in den veröffentlichten Artikeln nicht so deutlich, doch zu Beginn des Jahres schrieb ich langsamer und machte mehr Fehler – musste also mehr Zeit in die Korrektur investieren.

Mittlerweile schreibe ich viel schneller und finde bei der Korrektur nur mehr selten Fehler.

Faule Wörter

Der immer wiederkehrende Kampf beim Verfassen dieser Artikel ist der Kampf mit faulen Wörtern.

Faule Wörter wie: „spannend“, „interessant“, „oft“, „viele“, „sehr“ …

Ein Beispiel: Es ist durchaus sehr spannend wie oft man etwas sehr Interessantes schreibt ohne damit sehr viel zu sagen.

Wenn man so vor sich hinschreibt, schleichen sich faule Wörter unweigerlich in die eigenen Texte. Diese Wörter sind nicht per se schlecht, sie sind aber vage und bringen die jeweiligen Gedanken nicht auf den Punkt. Wenn die Zeit es erlaubte, habe ich immer versucht, diese Wörter loszuwerden und bin dabei in der Regel auf weitaus passendere Begriffe gestoßen. Automatisiert hat sich die Löschung der faulen Wörter bei mir aber noch nicht.

Die faulen Wörter sind mir vor allem beim Schreiben vom „resümee der woche“ begegnet. Wenn man nicht aufpasst hat man drei Podcasts hintereinander als „sehr spannend und überaus interessant“ beschrieben.

Ich-Form

Circa gegen Hälfte des Projektes habe ich angefangen, auch die Ich-Form zu verwenden. Anfangs erschien mir das unprofessionell, mittlerweile halte ich es für eine der besten Formen beim Schreiben.

Wie Sibylle Berg aber einmal ganz passend betont hat, ist die Ich-Form eine schwere Form, weil sie dazu verleitet „über den eigenen Stuhlgang zu schreiben“. Ich glaube mir ist es bisher gelungen, dieser Versuchung weitestgehend zu widerstehen.

Denken

Freies Denken

Immer wieder höre ich von Menschen, dass sie keine eigenen Ideen haben. Meiner persönlichen Erfahrung nach entspringt diese Wahrnehmung aber keinem Mangel an Ideen, sondern einer schlechten Wahrnehmung und einem Fehlen an freiem Denken.

Mit freiem Denken, meine ich in diesem Zusammenhang nicht das Denken abseits konventioneller Gedankenpfade. Ich meine den tatsächlichen Akt des freien vor sich hin Denkens. Wie oft sitzt du einfach nur da und denkst konkret über einen abstrakten Sachverhalt nach? Wie oft setzt du dich vor ein leeres Blatt Papier und versuchst eine Idee zu generieren?

Für mich lautete die Antwort vor Beginn dieses Jahres: Nicht sehr oft. Sobald ich das aber tue, kommen mir die Ideen nur so zugeflogen.

Zum anderen ist es wichtig, die Wahrnehmung der eigenen Ideen zu kultivieren. Das geht am besten, indem man jeden Gedanken, den man hat, als Notiz festhält – entweder digital oder analog.

Gedanken

Einige Male in diesem Jahr kam mir plötzlich die Idee für einen spannenden Artikel. In den eigenen Gedanken schien die Idee fertig durchdacht, sodass ich sie nur mehr zu Papier bringen musste.

Oft erforderten aber gerade diese Artikel die meiste Zeit. Denn was im eigenen Bewusstsein wie ein klarer Gedanke aussieht, wirkt auf dem Papier wie verworrenes Geschwafel.

[i] Dieser Artikel hat keinen Vollständigkeitsanspruch, sondern soll einige der Haupterkenntnisse zusammenfassen, die mir aus heutiger Sicht besonders relevant erscheinen.

[ii] Allerdings bezieht sich das vor allem auf die aktive Wiedergabe. Ich bin dennoch der Meinung, dass schon allein der passive Konsum von klugen Gedanken in Form von Büchern oder Podcasts wertstiftend ist, auch wenn wir die jeweiligen Gedanken nicht aktiv wiedergeben können.