Eine Ergänzung – Prinzipien und der Identitäspakt
[…] when people form a particular identity around a certain behavior set, that behavior becomes much easier to do. - Nir Eyal im HBR IdeaCast
Wir Menschen haben die Tendenz, in bestimmten Situationen zu vergessen was wir eigentlich wissen. Unsere Wertevorstellungen aber auch abstrakte Konzepte sind uns in konkreten Entscheidungssituationen oft nicht mehr präsent. Davon handelte mein gestriger Artikel „Nicht wissen was man weiß & Prinzipien“.
Prinzipien verlagern den Raum der Entscheidung von konkreten stressigen Situationen hin zu einem Raum der vollen mentalen Leistungsfähigkeit - ein Raum der zeitlich vor der Situation liegt. Prinzipien sind also fertige Entscheidungen, die man nur mehr abrufen muss. Man muss sich in Entscheidungsmomenten dadurch keiner abstrakten Gedanken oder moralischen Wertevorstellungen bedienen, sondern kann ein Fertigrezept heranziehen.
Was Prinzipien so effektiv macht bezeichnet Nir Eyal als Identitätspakt. Prinzipien bauen jemandes Wertevorstellungen und Theorien in dessen Identität ein. Dadurch bedarf es keiner mentalen Anstrengung mehr diese Konzepte zu verwenden. Die eigene Identität hinterfragt man nicht einfach in einer stressigen Situation. Man ändert sie nicht einfach nur wegen Zeitdruck oder Gruppenzwang.
Prinzipien sind ein Identitätspakt mit sich selbst und damit ein unglaublich effektives Konzept, um das was man weiß auch abseits des Schreibtisches, in konkreten Situation, zu wissen.[i]
Zum Weiterlesen:
https://hbr.org/ideacast/2019/09/how-to-be-less-distracted-at-work-and-in-life
https://www.nirandfar.com/distractions/
[i] Laut Nir Eyal geht dieser Begriff auf die Religionspsychologie zurück. Ich kann das in meiner kurzen Recherche nicht bestätigen. Natürlich greifen Religionen aber genau auf dieses Konzept zurück, ob sie es nun so nennen oder nicht. Muslim sein oder Christ sein definiert einen Teil der Identität. Dazu gehören, je nach Striktheit des Glaubens, auch gewisse Regeln. Ein gläubiger Muslim hat kein Problem, keinen Alkohol zu trinken. Für ihn gibt es die Option „Alkohol trinken“ gar nicht. Er hat die Entscheidung, keinen Alkohol zu trinken ein für alle Mal getroffen und sie ist Teil seiner muslimischen Identität.