Wirtschaft ist dazu da, knappe Ressourcen mit unterschiedlichen Verwendungsmöglichkeiten optimal zu verteilen. So oder so ähnlich lauten die gängigsten Definitionen von Wirtschaft.

Für den chilenischen Ökonomen César Hidalgo greift diese klassische Textbuchdefinition zu kurz.

Vielmehr ist Wirtschaft ein System, um menschliches Wissen in eine nützliche Form zu bringen und es dadurch zu verstärken. Wirtschaft als Lautsprecher für Knowledge und Knowhow.

“This is an interpretation of the economy as a knowledge and knowhow amplifier, or a knowledge and knowhow amplification engine: a complex sociotechnical system able to produce physical packages containing the information needed to augment the humans who participate in it.” -  César Hidalgo in seinem Buch “Why information grows. The evolution of order, from atoms to economies.”

Produkte sind im Grunde nichts anderes als Kristalle der Vorstellung. Jemand hat eine Idee für ein Flugzeug, ein Auto oder ein kulinarisches Gericht. In der Produktion kann er sein Wissen in eine konkrete Form bringen und es so mit anderen Menschen teilen.

Damit hat ein Produkt zwei Funktionen.

Die erste Funktion besteht darin, dass andere Menschen vom Wissen des Produzenten profitieren. Ich setze mich in ein Auto und profitiere von der gemeinsamen Geistesarbeit hunderter Ingenieure.

Die zweite Funktion ist eine menschliche. Ohne die Fähigkeit, etwas zu produzieren, wäre der Großteil unseres Wissens in unserem Geist gefangen. Das Produkt bietet dem Produzenten also die Chance, sich auszudrücken. Das Produkt bietet – metaphysisch gesprochen – die Möglichkeit, die Welt aus den Augen eines anderen zu betrachten.

Diese Definition von Wirtschaft mit einem Fokus auf die Verkörperung von Information klingt sicherlich interessant. Natürlich bleibt aber die Frage nicht aus, ob die neue Definition auch einen gewissen intellektuellen Mehrwert bietet.

Meines Erachtens tut sie das durchaus, und zwar indem sie unseren Fokus zurechtrückt. Die klassischen Definitionen von Wirtschaft orientieren sich sehr stark an unserem industriellen Verständnis. Mit der klassischen Definition wird zu viel Fokus auf Knappheit und Ressourcen gelegt.

Dabei sollten wir in einer zunehmend digital geprägten Wirtschaft unseren Fokus vermehrt auf die Macht der Geistesarbeit lenken. Natürlich sind Ressourcen begrenzt. Natürlich muss man Ressourcen effizient aufteilen. Viel wichtiger ist aber, was man aus den Ressourcen macht.

Zum Weiterlesen:

Hidalgo, César: Why information grows. The evolution of order, from atoms to economies. Philadelphia: 2015.

Sowell, Thomas: Basic Economics. A Common Sense Guide to the Economy. 5. Auflage. New York: 2015.