Grokking und Geschichte
Vor einigen Wochen habe ich das Konzept des Grokking entdeckt. Wer etwas grokt, hat nicht nur ein kognitives Verständnis davon. Wer etwas grokt, hat vielmehr ein Gefühl für die Sache. Eine Mutter weiß, wer ihre Kinder sind. Zusätzlich grokt sie diese Beziehung aber auch – sie fühlt die Beziehung zu ihren Kindern auf einer tiefen emotionalen Ebene.
Das wohl wichtigste Beispiel für fehlendes Grokking ist die Geschichte. In der Regel blicken wir mit denselben Augen auf die Geschichte der Menschheit mit welchen wir auch auf fiktive Geschichten blicken.
Wir wissen zwar theoretisch, dass die Dinge wirklich passiert sind, verarbeiten reale Geschichten aber oft genauso wie erfundene – so die These von Eliezer Yudkowsky in seinem Buch „Map and Territory“.
Weißt du noch, wie du im 18. Jahrhundert überzeugter Rassist und Sklavenhalter warst, nur um später herauszufinden, wie moralisch miserabel deine damaligen Anschauungen waren? Weißt du noch, wie du die Wright Brüder ausgelacht hast, bevor sie den ersten erfolgreichen Flug durchführten? Weißt du noch, wie du das Internet als kurzlebigen Trend betrachtet hast?
Jeder weiß, dass das römische Reich untergegangen ist. Wer glaubt aber, dass der Untergang der heutigen USA binnen weniger Jahre möglich wäre – so gut wie niemand.
Um von der Geschichte zu lernen reicht es also nicht, bloßes Wissen zu haben. Wir müssen uns selbst in jene Situationen begeben, von denen wir lernen. Uns selbst in die Haut eines amerikanischen Sklavenhändlers oder römischen Senators begeben.
Nur wenn wir das tun haben wir eine Chance, hilfreiche Lehren aus der Geschichte zu ziehen.
Zum Weiterlesen:
Burnett, Bill et al.: Designing your life. New York: 2016. [i]
Yudkowsky, Eliezer: Map and Territory. Rationality: From AI to Zombies. Berkeley: 2018.
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