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Posts tagged Geschichte
No-Asshole-Policy

Immer öfter ist in Unternehmen, Universitäten und anderen Organisationen die Rede von der No-Asshole-Policy. Bedeutet: Unsere Organisation steht unfreundlichen, konfliktliebenden und unsympathischen Menschen – kurz gesagt Arschlöchern – nicht offen.

Organisationen mit derartigen Grundsätzen, wären allerdings gut beraten, einen Blick in die Geschichte zu werfen. Denn die No-Asshole-Policy exkludiert viele der erfolgreichsten Denker und Macher unserer Geschichte – reichend von Isaac Newton bis hin zu Steve Jobs.

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Realitäten leben

Als Arthur Koestler am 9 Januar des Jahres 1944 seinen Essay „The Nightmare That Is a Reality“ publizierte, hielten viele US-Amerikaner den Holocaust für eine propagandistische Erfindung ihrer eigenen Regierung.

Millionen Menschen werden auf grausamste Weise ermordet und niemand – bis auf eine kleine Gruppe, zu der unter anderem Koestler gehört – will es wahrhaben.

Wie kommt das?

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Nationalismus und Patriotismus

Nationalismus und Patriotismus sind zwei oft verwendete aber selten definierte Begriffe.

Glücklicherweise hat uns George Orwell in seinem 1945 verfassten Essay „Notes on Nationalism“ eine Definition hinterlassen, die noch aus heutiger Sicht äußerst nützlich erscheint.

„By ‘patriotism’ I mean devotion to a particular place and a particular way of life, which one believes to be the best in the world but has no wish to force upon other people.“ – George Orwell in seinem Essay „Notes on Nationalism“.

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Grokking und Geschichte

Vor einigen Wochen habe ich das Konzept des Grokking entdeckt. Wer etwas grokt, hat nicht nur ein kognitives Verständnis davon. Wer etwas grokt, hat vielmehr ein Gefühl für die Sache. Eine Mutter weiß, wer ihre Kinder sind. Zusätzlich grokt sie diese Beziehung aber auch – sie fühlt die Beziehung zu ihren Kindern auf einer tiefen emotionalen Ebene.

Das wohl wichtigste Beispiel für fehlendes Grokking ist die Geschichte. In der Regel blicken wir mit denselben Augen auf die Geschichte der Menschheit mit welchen wir auch auf fiktive Geschichten blicken.

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Der Pflug & die Geschlechterverteilung

Rein aus biologischen Gründen sind die männlichen Vertreter unserer Spezies in der Überzahl. Allerdings schwankt die Geschlechterverteilung von Land zu Land enorm, sodass einige Länder – vor allem in Südostasien – einen übernatürlichen Männerüberschuss aufweisen.

Grund dafür: Selbst im Jahre 2020 sehen viele Eltern Töchter als eine Belastung an.

Die wohl tragischste Ursache der ungleichen Geschlechterverteilung ist die selektive Abtreibung oder Ermordung der eigenen weiblichen Nachkommen. Oft sind die Mechanismen aber viel subtiler. Mädchen bekommen weniger zu essen und werden im Krankheitsfall schlechter gepflegt als ihre männlichen Geschwister. Das führt dazu, dass in bestimmten Ländern mehr Mädchen als Buben sterben, was die ungleiche Geschlechterverteilung abermals antreibt.

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Retrospektive Scheinheiligkeit

Die absolute Mehrheit unserer Vorfahren wird unseren moralischen Standards in vielerlei Hinsicht nicht gerecht.

Viele Entdecker waren Rassisten. Viele Wissenschaftler waren frauenfeindlich. Viele Künstler waren antisemitisch.

Und dennoch scheint es falsch, unsere Vorfahren auf diese Faktoren zu reduzieren. Es scheint falsch, unsere Vorfahren nach heutigen Standards zu bewerten.

Nassim Taleb bezeichnet eine derartige Bewertung als retrospektive Scheinheiligkeit.

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Die Revolution, die nicht passierte

Im 14. Jahrhundert war China die klare Weltmacht in Sachen technologischer Innovation.

Auf dem Bereich der Landwirtschaft entwickelten die Chinesen enorm fortgeschrittene Pflug- und Saatmaschinen.

Im späten 11. Jahrhundert produzierte China gut 150.000 Tonnen Eisen – was auf einer pro-Kopf-Basis dem fünf- bis sechsfachen der europäischen Produktion entsprach.

In der Textilindustrie arbeiteten die Chinesen bereits im 13. Jahrhundert mit Maschinen, die in Europa erst 400 Jahre später Einzug erhielten.

Im Grunde war das Land damals reif für eine Industrielle Revolution.

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Verschränkung des Krieges

„In Kriegen geht es ums Töten. […] Es geht um ein Töten in Haufen.“ – Elias Canetti in „Masse und Macht“

Der Krieg ist ein sehr sonderbares Phänomen. Die Gesellschaft hat den ganz ursprünglichen Sinn, den einzelnen Menschen vor seinem Tod zu bewahren. In einer starken Gemeinschaft können Schwächere von den Stärkeren mitgefüttert werden, durch die gemeinsamen Kräfte kann man größere Schutzmauern bauen und so weiter.

Im Krieg ist das anders. Denn der Krieg wird von einer Gesellschaft gegen die andere geführt. Beide Gesellschaften bedrohen sich gegenseitig mit dem Tod. Die Funktion der Gesellschaft kehrt sich also vollkommen um – gerade weil man Teil der Gemeinschaft ist, wird man vom Tod bedroht.

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Zerstörungssucht von Protesten

Kaum ein Protest kommt ohne Zerstörung aus. Es werden Feuer gelegt, Fenster eingeschlagen, Denkmäler niedergerissen.

Dafür finden sich immer reichlich Begründungen: Die Trennung von veralteten Denkmälern sei ohnehin schon lange fällig. Die Geldgierigen kann man nur beeinflussen, wenn man sie auf der Ebene des Materiellen beeinflusst.

Doch diese Begründungen sind in den meisten Fällen nicht viel mehr als eine im Nachhinein produzierte rationale Erklärung des eigenen emotionalen Verhaltens. Genau wie man nach dem emotionalen Autokauf allerlei rationale Gründe für die Notwendigkeit des neuen Gefährtes vorbringt.

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Vertrag von Versailles und die Masse

Die Pariser Friedensverträge – allen voran der von Versailles - waren ein entscheidender Treiber der nationalsozialistischen Bewegung nach dem Ersten Weltkrieg. Unaufhörlich sprach Hitler über das Schanddiktat von Versailles - es war ein zentraler Wahlslogan der Nazis und für viele Deutsche ein zentrales Wahlmotiv.

Die konventionelle Sicht auf den Vertrag sieht den Fehler in der alleinigen Schuldzuschreibung, den hohen Reparaturzahlungen sowie der geforderten Abrüstung. Diese Faktoren wurden von den Deutschen nie akzeptiert und verhinderten somit von vornherein einen endgültigen Frieden.

Doch Elisa Canetti liefert in seinem philosophischen Hauptwerk „Masse und Macht“ eine andere, aber nicht weniger entscheidende Sichtweise.

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Informell & Unsichtbar - Ökonomie

Eine der großen Stärken der ökonomischen Sicht auf das Weltgeschehen ist das Denken in unsichtbaren Konsequenzen. Schon bald lernt jeder Ökonom, dass er nicht nur die sofortigen Effekte von Handlungen beachten muss, sondern auch die oft sehr weitreichenden verdeckten Folgen.

Trotz dieser hilfreichen Denkweise sind die statistisch getriebenen Ökonomen immer noch sehr schlecht darin, kleine informelle Faktoren zu beachten. Diese informellen Faktoren sind nicht offensichtlich, solange man nur auf die Zahlen blickt. Diese Faktoren werden erst sichtbar, wenn man sich in die Realität der Menschen begibt.

Das Problem: Bei vielen Maßnahmen wird das Informelle missachtet. Dadurch kommt es zu keiner grundlegenden Lösung von Problemen. In manchen Fällen werden Situationen deshalb sogar verschlechtert.

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Technologien schreiben Biografien

Die Art und Weise der Informationsübertragung ist keine Nebensächlichkeit, sondern beeinflusst ganz entscheidend, wie die Information beim Empfänger ankommt. Doch nicht nur die Nachricht wird durch das Medium verändert. Medien und Kommunikationstechnologien verändern auch, welche Nachrichten überhaupt produziert werden. Medien verändern Menschen.

Wie César A. Hidalgo et al. in ihrem Paper „How the medium shapes the message: Printing and the rise of the arts and sciences” zeigen, haben Veränderungen der Medienwelt in der Vergangenheit immer auch zu einem Wandel der einflussreichsten Personen geführt.

Dabei haben die Wissenschaftler einen sehr spannenden Ansatz verfolgt. Aus Wikipedia und einer anderen großen Datenbank haben sie die Biografien einflussreicher Menschen der letzten Jahrhunderte herausgefiltert. Anschließend haben sie diese Biografien mit den drei großen Medienrevolutionen verglichen: dem Buchdruck im 15. Jahrhundert, Radio- und Film zu Beginn des 20. Jahrhunderts und Fernsehen gegen Mitte des 20. Jahrhunderts.

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Externalitäten – Darien & Glasgow

Wirtschaftliche Externalitäten und unsichtbare Konsequenzen sind ein entscheidender Faktor ökonomischer Zusammenhänge. Unter Externalitäten versteht man Effekte einer wirtschaftlichen Handlung, die nicht die Beteiligten der Handlung selbst betreffen, sondern andere Akteure, die damit eigentlich gar nichts zu tun haben.

Bestes Beispiel für Externalitäten sind die sogenannten „Tragödien des Gemeinguts“.

Die Darien Gap ist das wohl berüchtigtste Stück Regenwald dieser Erde. Schottland ging an einer gescheiterten Exploration in Darien zu Grunde. Flüchtlinge, die über Darien von Süd- nach Nordamerika fliehen, fürchten die Region bis heute. Das kleine Stück Land liegt zwischen Panama und Kolumbien und ist geprägt durch Ausbeutung natürlicher Ressourcen, Brutalität und ein komplettes Versagen jeglicher staatlicher oder gesetzlicher Ordnung.

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Geschichten – eine Wirtschaftsmacht

Noch bevor Epidemie-Modelle zum populärsten Gesprächsthema der Medien geworden sind, hat sich der Ökonom und Nobelpreisträger Robert Shiller in seinem Buch „Narrative economics“ mit ihnen auseinandergesetzt. Allerdings hat sich Shiller weder mit Viren noch anderen Krankheiten beschäftigt, vielmehr interessiert ihn die virale Verbreitung von wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Narrativen.

Die wenigsten Konsumenten sind wirtschaftlich wirklich gut informiert. Dennoch müssen diese Konsumenten Entscheidungen über den Kauf eines neuen Autos, die Hortung von Lebensmitteln oder die nächste Urlaubsreise treffen. In diesen Entscheidungen sind also nicht die wirtschaftlichen Fakten ausschlaggebend, sondern vielmehr Narrative, die Aufmerksamkeit erregen und in der Gesellschaft weit verbreitet sind.

So ein Narrativ kann sich beispielsweise rund um den Zusammenbruch des Währungssystems entwickeln. In intensiven Wirtschaftskrisen kann das Narrativ des Mitleids sehr stark aufblühen, was dazu führt, dass Konsumenten aus Empathie zu verarmten Mitbürgern ihren Konsum reduzieren. Entscheidend ist jedenfalls, dass es sich dabei oft um Geschichten handelt, die vereinfacht sind und eher wegen menschlicher Psychologie als aufgrund ökonomischer Relevanz populär werden.

Was haben diese Geschichten aber mit Epidemie-Modellen zu tun?

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Bitcoin – eine lange Geschichte

Was macht eigentlich Bitcoin so populär? Diese Frage hat man sich zu den Hype-Zeiten der berüchtigten Kryptowährung auf der ganzen Welt gestellt. Die Technologie ist sicherlich spannend, wird aber vom Großteil der Menschen, die meisten Bitcoin-Spekulanten und der Autor dieses Artikels eingeschlossen, ansatzweise bis gar nicht verstanden.

Tatsächlich spielt bei Bitcoin wohl das Narrativ eine viel entscheidendere Rolle, als die kryptografischen Genialitäten, die der Blockchain-Technologie zugrunde liegen. Und es ist kein neues Narrativ. Es ist ein Narrativ rund um ein Thema, das alle betrifft, niemand wirklich versteht und das in vielen Fällen als Sündenbock für den Hass gegenüber Institutionen und Machthabern dient: unser Währungssystem.

Die weit verbreitete Ignoranz gegenüber der Funktionsweise unseres Währungssystems bietet sehr fruchtbaren Boden für jegliche Innovationen in diesem Bereich. 1873 führte man in den USA den Goldstandard ein. Davor hatte man einen Bimetallstandard mit Gold und Silber.

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Freud & Mesmer - Risiken des Bahnbruchs

„Newton made three bets. One of them worked. But they were all risky.” – Paul Graham in seinem Essay “The Risk of Discovery”.

Heute ist Newton für seine Errungenschaften in der Physik bekannt. Ist doch absurd, dass er sich neben der aussichtsreichen Physik auch mit Alchemie und Theologie befasst hat. Aber eigentlich ist es nicht absurd. Zu seiner Zeit war er in allen drei Gebieten ein Außenseiter, ein Querdenker und kein Konformist.

Wenn man sich in Physik und Chemie mit Atomen beschäftigt, kommt unweigerlich der Name des weisen Demokrit auf, der schon in der Antike die Wahrheit der Atomidee erkannt hat. Doch man muss hier vorsichtig sein. Seine damaligen Vermutungen zum Atommodell beruhten ausschließlich auf philosophischer Denkarbeit. Zu seiner Zeit war das Atommodell nicht die offensichtliche Wahrheit, sondern eine Idee, die mit ähnlicher Wahrscheinlichkeit absoluter Schwachsinn war, wie viele der damaligen Ideen, die wir heute als solchen abtun.

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Die längste Wirtschaftsexpansion & ihre Geschichten

Lange hat sie angehalten – länger als sie jemals zuvor zwischen den Jahren 1854 und 2020 angehalten hat. Bis in den März 2020 hat sie angehalten, aber schon im Juli letzten Jahres war die wirtschaftliche Expansion, die 2009 begann, die längste die sich in unseren Geschichtsbüchern finden lässt.

Anzumerken ist, dass die US-Expansion von 2009-2020 zwar die bisher längste aber auch die bisher langsamste ist, es gab also durchaus kürzere Expansionsphasen in denen die Wirtschaft insgesamt stärker gewachsen ist.

Jetzt stellt sich natürlich die Frage, was der Motor dieser außerordentlich ausdauernden Expansion der US-amerikanischen Wirtschaft war. Der Nobelpreisträger Robert J. Shiller beantwortet diese Frage in seinem kürzlich erschienenen Paper „Popular economic narratives advancing the longest U.S. economic expansion 2009-2019“.

Ein wichtiges Narrativ ist jenes der „Great Depression“, also die Erinnerung an die Wirtschaftskrise der 1930er Jahre und die Angst, dass man so eine Krise wieder erleben könnte. Wie soll aber das Narrativ, einer möglichen wirtschaftlichen Katastrophe eine Expansion antreiben?

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Trump mit dem Iran – Kanalisierung von Gewalt und Berechenbarkeit

Genau in diesem Titel steckt die große Gefahr, welche Trump in diesen Konflikt bringt. Seine Unberechenbarkeit bricht mit allen Konventionen. Nur bedenkt er nicht, oder ihm ist es einfach egal, dass das Brechen von Konventionen bei weltpolitischen Angelegenheiten ganz andere Konsequenzen hat, als er das aus seinen geschäftlichen Verhandlungen gewohnt ist. Die Brille durch die dieser kurze Artikel diese Gefahr betrachten will, ist die historische Brille der Gewalt.

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Von Bismarck zu Hitler – 5 Aspekte

In seinem Buch „Von Bismarck zu Hitler. Ein Rückblick“ illustriert Sebastian Haffner die Geschichte des Deutschen Reiches, welches seiner Ansicht nach von 1871 bis 1945 existierte. Während sich Haffners abschließende Prognose nicht bewahrheitete – er hielt einen Zusammenschluss von BDR und DDR für sehr unrealistisch – ist seine historische Betrachtung der Bismarck und Hitlerzeit umso spannender. In diesem Artikel werden fünf besonders interessante Punkte aus seinen Darstellungen herausgegriffen.

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