noah leidinger

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GIS-Gebühren und ihre Laffer-Kurve

Ein großer Streitpunkt der Steuerpolitik ist die sogenannte Laffer-Kurve. Also die Idee, dass ein Anheben des Steuersatzes die Steuereinnahmen des Staates nicht unbedingt erhöht, da ein höherer Steuersatz mit mehr Steuerhinterziehung verbunden ist.

Ein großer Streitpunkt ist die Laffer-Kurve erstens, weil die Beweislage für sie recht mager ist und zweitens, weil es sehr schwer ist, die konkrete Laffer-Kurve für einen Staat zu ermitteln.

Politiker vom linken Spektrum werden stets argumentieren, dass man sich an dem Punkt der Laffer-Kurve befindet, wo ein Anheben des Steuersatzes zu einem Anstieg der Steuereinnahmen führt. Politiker vom rechten Spektrum werden stets argumentieren, dass man sich an dem Punkt der Laffer-Kurve befindet, wo ein Anheben des Steuersatzes kontraproduktiv ist und stattdessen eine Senkung des Steuersatzes zu mehr Steuereinnahmen führt.

Die Beweislage rund um dieses Thema ist deshalb so mager, weil man mit der Steuerhinterziehung einen unsichtbaren Faktor misst. Schließlich versucht man illegales und geheimes Verhalten zu messen.

Praktischerweise bieten aber die GIS-Gebühren in Österreich eine optimale Chance, um das Verhältnis von der Höhe der Gebühren und dem Level an Gebührenhinterziehung zu untersuchen.

Genau das haben Melissa Berger et al. in ihrem 2016 erschienenen Paper „Higher taxes, more evasion? Evidence from border differentials in TV license fees.“ untersucht. Die GIS-Gebühr ist deshalb ein optimaler Untersuchungsgegenstand, weil sie eigentlich zentral festgelegt wird, je nach Bundesland aber durch die Landesabgabe variiert.[i]

Genau wie bei Steuern, die öffentliche Güter finanzieren, gibt es auch bei der GIS-Gebühr die Thematik der Trittbrettfahrer. Man kann den öffentlichen Rundfunk und andere öffentliche kulturelle Güter konsumieren, ohne die GIS-Gebühren zu bezahlen. Das tun auch einige Haushalte, denn von den 99% der Haushalte, welche 2005 einen Radio oder TV besaßen, zahlten 7.9% keine GIS-Gebühren.[ii]

Melissa Berger und Kollegen haben untersucht, ob eine Differenz in der Höhe der Gebühren (die Stand 2005 zwischen 206 und 263€ schwankten) sich auf die Rate der Gebührenverweigerer auswirkt. Dazu haben sie die Gemeinden an den Grenzgebieten verglichen. Das ist sinnvoll, weil man bei direkt angrenzenden Gemeinden sehr hohe Ähnlichkeiten in diversen kulturellen, gesellschaftlichen und ökonomischen Aspekten vorfindet, es gleichzeitig aber die plötzliche Differenz der GIS-Gebühren gibt.

Das Ergebnis war eindeutig: Ein Anstieg der Gebühren um 1% sorgt für einen Anstieg der Gebührenhinterziehungsrate von 0.3 Prozentpunkten. Das wird jetzt vielleicht alle Politiker freuen, die sich schon immer für niedrigere GIS-Gebühren eingesetzt haben. Tatsächlich bedeuten diese Daten aber, dass die umsatzmaximierende GIS-Gebühr circa doppelt so hoch ist wie aktuell der Fall.

Zum Weiterlesen:

https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0047272716000086?via%3Dihub

[i] Als spannende Randnotiz haben die Wissenschaftler untersucht, ob höhere Landesabgaben mit höheren kulturellen Ausgaben des jeweiligen Bundeslandes in Verbindung stehen. Tatsächlich tun sie das nicht, die höheren Landesabgaben korrelierten aber positiv mit dem Schuldenstand des jeweiligen Bundeslandes.

[ii] Diese Daten sind relativ alt, da es aber um eine generelle Untersuchung der Laffer-Kurve geht, spielt das keine wirkliche Rolle.