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Der Weg zur Freunderlwirtschaft

Sozialisten argumentieren immer wieder damit, dass es sich bei gescheiterten Sozialismusexperimenten nicht um wirklichen Sozialismus gehandelt hat. Ein sehr schwaches Argument wenn man bedenkt, dass alle Experimente mit den Ideen des wirklichen Sozialismus gestartet wurden, aber dennoch der Reihe nach scheiterten. Viele Sozialismusbefürworter fallen also dem fiktiven Vergleich zum Opfer.

Dass es sich bei diesem Sozialismusargument um einen fiktiven Vergleich handelt, haben viele Kapitalismusbefürworter schon lange erkannt. Tatsächlich argumentieren selbige, darunter auch der Autor dieses Artikels, aber in Bezug auf den Kapitalismus ebenfalls gerne mit fiktiven Vergleichen.

Viele der Missstände des Kapitalismus, wie die intensive Verzahnung von Politikern und Unternehmern, den Nepotismus oder die stetig wachsende Lobbying-Branche, tun die Kapitalismus-Fürsprecher damit ab, dass es sich hierbei nicht um wirklichen freien Kapitalismus handelt.

Doch auch dieses Argument ist ein sehr schwaches und ein fiktiver Vergleich. In Staaten mit Demokratien und Kapitalismus sind diese Auswüchse nämlich so gut wie immer zu beobachten. Der tatsächliche Kapitalismus scheint also eine Tendenz zu einer Verzahnung von Politik und Wirtschaft, eine Tendenz zur Freunderlwirtschaft, zu haben.

Diese Tendenz haben auch Michael Munger und Mario Villarreal-Diaz in ihrem Artikel „The road to crony capitalism“ erkannt.

Sie stellen zum einen fest, dass die Verzahnung von Politik und Wirtschaft das Ergebnis beidseitig rationalen Verhaltens ist. Vonseiten der Politiker spielt die Macht über Unternehmen, die Fähigkeit, Unternehmen zu kontrollieren, eine wichtige Rolle. Monopole und sehr mächtige Unternehmen mit denen man auch noch im persönlichen Kontakt steht, lassen sich logischerweise viel leichter kontrollieren, als diverse komplexe Märkte. Entsprechend ist der Tausch von etwas mehr Kontrolle gegen etwas weniger Wettbewerb für viele Politiker ein attraktiver.

Dazu kommen noch die finanziellen Anreize, die viele Lobbying-Gruppen den Politikern bieten, wenn auch nur in Form eines sicheren Arbeitsplatzes nach der politischen Karriere.

Aus Sicht der Unternehmen gibt es ab einer gewissen Entwicklungsstufe einen Punkt, wo jeder Euro, der in die Weiterentwicklung des Geschäftes investiert wird, weniger Rendite bringt, als jeder Euro, der in Lobbying-Arbeit fließt. An diesem Punkt, den vor allem große und ältere Unternehmen erreichen, wird man eher Anwälte für Lobbying als Ingenieure für Forschung anstellen.

Natürlich heißt das nicht, dass es im Kapitalismus immer zu Korruption kommen muss. Es heißt aber schon, dass eine gewisse natürliche Tendenz zur Vetternwirtschaft in kapitalistischen Systemen besteht.

Natürlich mag man jetzt wieder argumentieren, dass so eine Entwicklung ja nicht im Sinne des Kapitalismus ist und man einfach strenger regulieren muss. Der Kapitalismus zeichnet sich aber gerade dadurch aus, dass er jenes System ist, das den geringsten Schaden verursacht, selbst wenn die Menschen ihren natürlichen Instinkten, also dem unbegrenzten Selbstinteresse, folgen. Doch genau diese Eigenschaft der Schadenfreiheit trotz Eigeninteresse bewahrheitet sich in Bezug auf die Freunderlwirtschaft nicht. Man muss sich entsprechend als grundsätzlicher Befürworter freier Märkte eingestehen, dass ein vollständiges Verlassen auf das Eigeninteresse in diesem Fall nicht zu einem wünschenswerten Ergebnis führt.

Zum Weiterhören und Weiterlesen:

https://www.econtalk.org/michael-munger-on-crony-capitalism/

http://www.independent.org/publications/tir/article.asp?id=1343