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Zentralplanung als Overfitting

Vor allem in der Politik erleben wir immer wieder, dass komplexen Problemen mit noch komplexeren Lösungen begegnet wird. In der Regel funktioniert das reichlich schlecht.

Genau darin liegt auch ein entscheidendes Problem von zentraler Planung und zentralen Entscheidungsmechanismen.

Doch dieser Kritikpunkt betrifft nicht zentrale Entscheidungen per se. So kritisieren viele ganz simple Ideen wie das Bedingungslose Grundeinkommen, weil sie zentrale Eingriffe in der Wirtschaft für unsinnig halten.

Dabei liegt das eigentliche Problem zentraler Planung im statistischen Phänomen des Overfitting. Man stellt dabei ein statistisches Modell so ein, dass es die historischen Daten ganz exakt beschreiben kann.

Das Problem: Durch diese Exaktheit verliert das Modell seine Generalität und kann nur schwerlich für Daten der Zukunft angewendet werden.

Genau das gleiche Phänomen erlebt man auch in der Wirtschaftspolitik immer wieder. So wird auf jede größere Finanzkrise mit einem noch umfangreicheren Regelwerk reagiert. Um nur ein Beispiel zu nennen: Der US-amerikanische Gesetzestext zur Bankenregulation hat sich seit den 1930er Jahren nahezu vertausendfacht.[i]

Diese Gesetzestexte sind unter anderem deshalb so komplex, weil sie versuchen alle Einzelheiten der vergangenen Krise ganz penibel zu adressieren. Dadurch passt das Gesetz zwar perfekt zur vergangenen Krise, ist für die Zukunft aber mehr schlecht als recht ausgerichtet.

Dazu kommt: Je komplexer diese Texte, desto mehr können Banken und Lobbyisten ihre Interessen in den Regulierungen verstecken.

Vitalik Buterin und Glen Weyl fassen dieses Problem der Zentralplanung unter dem Begriff der optimierenden Komplexität zusammen.

Um das Ganze in eine Metapher zu bringen: Ein einziger Schalthebel wird vollkommen penibel eingestellt, um ein bestimmtes Ergebnis zu produzieren. Allerdings ist dieser Schalthebel äußerst sensibel, wenn man ihn also um wenige Nanometer verrückt, gerät das ganze System aus dem Gleichgewicht.

Diese optimierende Komplexität, die sich durch Overfitting auszeichnet, steht im Gegensatz zur redundanten Komplexität.

In diesem Fall hat man viele verschiedene Schalthebel, die alle auf dasselbe Ergebnis ausgerichtet sind. Wenn man einen der Schaltheber umstellt, wirkt sich das nicht gravierend auf das System aus.

Ein Beispiel für redundante Komplexität sind Verfassungen, die in vielen verschiedenen Varianten Grundprinzipien wie die Meinungsfreiheit oder Pressefreiheit implementieren.

Kritik an Zentralplanung ist also durchaus gerechtfertigt. Allerdings nur, wenn man es mit optimierender Komplexität zu tun hat. Ist man mit redundanter Komplexität oder einfachen Systemen wie dem BGE konfrontiert, ist einen derartige Pauschalkritik allerdings nicht gerechtfertigt.[ii]

Zum Weiterlesen:

https://blog.radicalxchange.org/blog/posts/2018-11-26-4m9b8b/

https://martenscentre.eu/blog/who-are-real-winners-complex-financial-regulations

[i] Von 37 auf circa 30.000 Seiten.

[ii] Das BGE kann man sicherlich auf vielen anderen Ebenen kritisieren, aber nicht auf Basis eines Komplexität-Zentralplanungs-Argument.