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Corona – Irrationalität als Segen

Die Menschen haben Angst. Verständlich, wenn man sieht, dass in China und jetzt auch in Italien ganze Städte ruhiggelegt werden und Ärzte sowie Pfleger in futuristisch anmutenden Vollkörperanzügen die Patienten behandeln.

Viele scheinen nicht zu verstehen, dass die teils drastischen Maßnahmen zum Stoppen des Virus (die meines Erachtens nicht übertrieben sind) nicht unbedingt damit in Zusammenhang stehen, dass die Gefahr für den einzelnen Bürger, infiziert zu werden oder gar zu sterben, hoch ist. Bei diesen Maßnahmen geht es um zwei Faktoren.

Erstens hat man noch die Möglichkeit eine Pandemie zu verhindern, und den Virus auszulöschen – auch wenn dieses Ziel in immer weitere Ferne rückt.

Zweitens scheint das Coronavirus eine gute Balance zwischen Letalität und Verbreitungsgeschwindigkeit gefunden zu haben. Für viele Virologen sind sehr tödliche Viren bei einer statistischen Gesamtbetrachtung nämlich sogar wünschenswerter als weniger tödliche. Ein Virus braucht einen Wirt, um zu überleben. Wenn die Wirten schnell genug sterben, kann sich der Virus nicht so stark ausbreiten. Das mag erklären, wieso der erste bekannte SARS Virus mit einer Letalität von ca. 10% im Vergleich zu den aktuellen ca. 2-3% leichter auszurotten war. Das bedeutet aber auch, dass ca. 80% aller Infektionen sehr milde verlaufen und warhscheinlich ist diese Zahl sogar noch übertrieben, da asymptomatische Patienten in den Statistiken tendentiell unterrepräsentiert sind.

Dennoch ist es für einen Europäer in Deutschland, Polen, Österreich oder sonst wo, immer noch gefährlicher an Influenza zu sterben[i] als an Corona und die Gefahr sich anzustecken ist aktuell vernachlässigbar gering, wenn man sich in keine der kritischen Regionen begibt.

Die Reaktion vieler Menschen ist also wahrscheinlich (auf Basis der Daten, die man aktuell über Corona hat) übertrieben und irrational, doch das ist nicht zwingend schlecht, denn die durchschnittlichen Vorsorgemaßnahmen rund um Gesundheit oder auch Katastrophen sind meist untertrieben.

Untertreibende Irrationalität + Übertreibende Irrationalität = Rationalität

Der österreichische Zivilschutzverband empfiehlt zum Beispiel schon seit Jahren, einen Vorrat an Lebensmitteln, Getränken und anderen wichtigen Ressourcen im eigenen Haushalt zu haben, der für sieben Tage und alle Bewohner ausreicht. Sinn dahinter ist vor allem der Schutz vor Naturkatastrophen oder anderen Faktoren, die für einen längeren Zeitraum verhindern, dass man das Haus verlässt. Mit Blick auf die aktuelle Lage des Coronavirus in Österreich ist dieses Risiko, des unfreiwilligen Hausarrests, zwar nicht wirklich angestiegen, sodass der Vorrat nicht nötiger ist als sonst auch. Wenn aber die Menschen aus einer Irrationalität rund um das Coronavirus so einen Vorrat anlegen, dann ist das nur positiv zu bewerten.

Das gleiche gilt für Menschen, die plötzlich zum Arzt gehen, um zu erfahren, wie man sich vor Corona schützen kann und dann mit einer Influenza-Impfung aus der Praxis kommen. Wieder führt die irrationale Reaktion auf das Coronavirus zu einer rationalen Handlung.

Und wenn die Menschen dann auch noch in Taschentücher oder den Ellenbogen husten, anstatt in die eigenen Hände. Wenn sich die Menschen dann auch noch mit einer Fist Bump statt mit einem Handschlag begrüßen. Wenn sich die Menschen dann auch noch die Hände öfter waschen, dann kann man an dieser irrationalen Überreaktion mehr rationales und positives finden, als man auf den ersten Blick meinen würde.

Zum Weiterlesen & Weiterhören:

https://tvthek.orf.at/profile/ZIB-2/1211/ZIB-2/14042645/Franz-Lang-Leiter-des-Einsatzstabs-im-Innenministerium/14650364

https://www.bloomberg.com/news/articles/2020-01-29/viral-sweet-spot-raises-fears-coronavirus-will-be-hard-to-stop

https://www.livescience.com/new-coronavirus-compare-with-flu.html

https://www.nytimes.com/interactive/2020/world/asia/china-coronavirus-contain.html

http://zivilschutzverband.at/media/file/11_Spar_Folder_V5.pdf

[i] Auch wenn die Letalität von Influenza mit ca. 0.05% deutlich geringer ist, als die von Corona.

Ich bin kein Arzt und spiele auch keinen im Internet.