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Positiver Bias

«Wir beginnen mit der Zahlenreihe 4-6-8 und wollen herausfinden, welche Regel hinter dieser Reihe steckt. Um das zu testen, dürfen wir drei weitere Zahlenreihen aufstellen, die mit „Falsch“ oder „Richtig“ markiert werden – je nachdem ob sie der Regel entsprechen oder nicht.

Natürlich liegt die Vermutung nahe, dass die Regel darin besteht, 2 zur vorherigen Zahl zu addieren. Um die Regel herauszufinden, könnten wir also folgende Zahlenreihen aufstellen:

1-3-5 - Richtig

8-10-12 - Richtig

100-102-104 - Richtig

Alle 3 Zahlenreihen entsprechen der Regel und somit besteht die Regel darin, jeweils 2 zur vorherigen Zahl zu addieren.»

In Studien hat sich gezeigt, dass sehr viele Personen, die oben genannte Aufgabe auf diese Art und Weise lösen würden. Man überlegt zuerst, welche Regel hinter der Reihenfolge stecken könnte und stellt dann 3 weitere Folgen auf, die dieser Regel entsprechen. Wird alles mit „Richtig“ markiert, so glaubt man, die Regel zu kennen.

Eliezer Yudkowsky bezeichnet diese Vorgehensweise als positiven Bias: Wir suchen immer nach positiven Beispielen, die unsere These bestätigen. Dabei wäre es viel sinnvoller, nach negativen Beispielen zu suchen, die der These nicht entsprechen.

So könnte man die Zahlenreihe 1-2-3 ausprobieren. Wenn auch diese mit „Richtig“ markiert wird, weiß man, dass die eigene Vermutung falsch ist.

Ob in Wirtschaft oder Wissenschaft: Wenn man Thesen aufstellt, darf man nicht nur positive Beispiele testen. Viel entscheidender ist in vielen Fällen der Test durch negative Beispiele – man muss nicht nur wissen, was laut der eigenen These passieren soll. Man muss sich auch bewusst sein, was nicht passieren darf.

Zum Weiterlesen:

Yudkowsky, Eliezer: Map and Territory. Rationality: From AI to Zombies. Berkeley: 2018.