Mathematik – von Formeln zu Kunst
Mathematik wird seit Jahrzehnten auf eine sehr symbolzentrierte und technische Art und Weise unterrichtet. In den letzten Jahren begann man den technischen Aspekten, also dem sturen Rechnen und Lösen von Formeln weniger Aufmerksamkeit zu schenken, dafür verwendet man Computer und Taschenrechner. Etwas mehr Aufmerksamkeit wird seitdem auf ein oberflächliches Verständnis der Konzepte gelegt, man soll Dinge interpretieren, teilweise sogar erklären können.
Was ausbleibt ist die Faszination. Einige glückliche erwischen den richtigen Mathelehrer oder entwickeln durch Zufall ein Interesse an diesem Fach, in der Breite der Gesellschaft hinterlässt die Mathematik nach der Schulzeit aber einen bitteren Nachgeschmack.
Wenn es ein mathematisches Thema mal schafft viral zu gehen, dann in Form einer nicht ganz klaren Rechnung wie: 8/2(2+2). Die Leute zerbrechen sich den Kopf, wie die Rechnung zu lösen ist, Erinnerungen an den Mathematikunterricht kommen hoch. Zuerst die Klammer, das wissen die meisten noch, aber was dann, Division oder Multiplikation? Die Konvention arbeitet von links nach rechts, in diesem Fall also zuerst dividieren, dann multiplizieren, doch in Wahrheit würde kein Mathematiker so eine unklare Rechnung formulieren. Eine Klammer mehr und alle Zweifel sind gelöst.
Davon mal abgesehen, sind solche Rechnungen so ziemlich das Uninteressanteste was die Mathematik zu bieten hat. Der US-amerikanische Mathematiker und kontroverse Denker Eric Weinstein sieht hinter dem starken Fokus auf die symbolische und technische Komponente der Mathematik in der Schule einen Versuch der mathematischen Eliten, eine Mauer zu bauen. Je mehr Menschen man von der Mathematik abhalten kann, desto sicherer ist die eigene Position als Mathematiker, desto kleiner die Konkurrenz.
Dabei gibt es keinen Grund dafür, nicht auch Mathematik auf anderen Ebenen zu lernen. Keinen Grund sich nicht mit den Bildern von M.C. Escher oder moderneren mathematischen Künstlern wie London Tsai zu beschäftigen.
Und natürlich sind viele Objekte, die London Tsai in seinen Kunstwerken darstellt, nicht für die breite Masse der Schüler sofort greifbar und können auch nur schwer abgeprüft werden. Sie haben aber das Potential, eine Faszination für Mathematik zu erwecken, und das ist eine der großen Aufgaben, die Schulen haben beziehungsweise haben sollten.
Die Dinge wirklich verstehen wird man ohnehin erst bei einem intensiven Auseinandersetzen mit Mathematik abseits der Schule oder in der Universität. Doch damit es zu einer intensiven Auseinandersetzung oder vielleicht sogar einem Studium der Mathematik kommt, muss man die Neugier wecken und zeigen, was dieses Gebiet über Symbole und Formeln hinaus alles zu bieten hat.
Wieso also nicht mehr über Möbiusbänder, Fraktale (zum Beispiel die Mandelbrot-Menge) oder Kleinsche Flaschen sprechen?
Für uns ist es normal, dass Mathematik nur auf einem sehr symbolischen Level betrieben wird. Das muss sie aber nicht und es ist sicherlich einen Gedanken wert, hier einen Schritt weg von Symbolen und hin zur Faszination zu gehen.
Zum Weiterlesen und Weiterhören:
https://www.youtube.com/watch?v=pVYCqK19-ww
https://www.youtube.com/watch?v=iilIiV8jZDE
https://www.nytimes.com/2019/08/02/science/math-equation-pedmas-bemdas-bedmas.html
https://www.londontsai.com/