Struktur, Alter & Kreativität - Management
1. In Branchen, die Kreativität und Innovation erfordern, muss man sich mit strukturiertem Management zurückhalten – das zerstört die Gedanken der Freigeister.
2. Junge Unternehmen brauchen sich keine Gedanken um strukturierte Prozesse machen – das wird erst mit zunehmender Größe wichtig.
3. Der CEO und die hohen Ebenen im Management sind essentiell – der Fisch stinkt vom Kopf.
Das sind mit Sicherheit drei nette Behauptungen, die zumindest auf den ersten Blick sehr logisch wirken – doch sie sind falsch, wie der Stanford-Professor und Ökonom Nicholas Bloom in seinem Paper „What drives differences in management practices“ belegt.[i]
Als ersten Schritt hat Bloom die Managementpraktiken in gut 35.000 Produktionsstätten ausgewertet.[ii]
Die entscheidenden Fragen dabei: Wie genau wird der Produktionsprozess analysiert? Wie läuft die Zielsetzung ab? Welche Anreize haben die Mitarbeiter für herausragende Leistungen?[iii]
Aus diesen Fragen ergab sich ein Maßstab für das strukturierte Management in Unternehmen. Je höher der Maßstab, desto mehr empfehlenswerte Managementpraktiken hat der jeweilige Betrieb implementiert.
Die Unterschiede in den Umfragen waren gravierend: Während 18 Prozent der Betriebe 75% oder mehr aller empfohlenen Managementpraktiken anwendeten, haben 27 Prozent der Betriebe weniger als die Hälfte solcher Praktiken implementiert.
Natürlich sagen diese Unterschiede alleine noch nichts aus – was zählt ist die Performance der Unternehmen und nicht ihr Managementstil.
Und genau hier beginnen die oben genannten Thesen zu bröckeln: Ein Anstieg im Maßstab für strukturiertes Management um 10 Prozentpunkte war mit einem Produktivitätsanstieg von 14.5% verbunden. Im Schnitt waren also die Produktionsstätten mit strukturiertem Management weitaus produktiver.
Bei Betrieben in sehr forschungsintensiven Branchen war dieser Zusammenhang zwischen strukturiertem Management und der Produktivität sogar besonders stark ausgeprägt. Das steht in direktem Kontrast mit These 1.
Und auch für These 2 sieht es schlecht aus: Je strukturierter das Management, desto höher war im Durchschnitt das Wachstum und desto geringer das Insolvenzrisiko. Dieser Zusammenhang war gerade für junge Unternehmen besonders stark ausgeprägt – sehr wohl müssen also auch Start-Ups Wert auf strukturiertes Management legen.
Bleibt nur noch die letzte These: Der Fisch stinkt vom Kopf. Natürlich spielt das hohe Management und der Vorstand eine Rolle in Sachen der Managementpraktiken. Doch auch innerhalb von Unternehmen gab es zwischen den einzelnen Produktionsstätten drastische Unterschiede.
Insgesamt sind die Unterschiede von Produktionsstätten zu 58% auf Unterschiede zwischen einzelnen Unternehmen zurückzuführen. Das bedeutet aber auch: 42% der Differenzen spielen sich innerhalb der Unternehmen ab.
Zum Weiterlesen:
https://nbloom.people.stanford.edu/sites/g/files/sbiybj4746/f/aer.pdf
[i] Er belegt dies anhand von Umfragedaten von 35.000 Produktionsstätten in den USA. Teils gab es Unternehmen mit nur einer Produktionsstätte, teils welche mit mehreren Produktionsstätten. Die Studie wurde in Zusammenarbeit mit der Regierung durchgeführt und die Teilnahme war für die betroffenen Unternehmen verpflichtend.
[ii] Die durchschnittliche Produktionsstätte hatte 177 Mitarbeiter (Median: 86) und war bei der Umfrage im Schnitt bereits 21 Jahre im Betrieb.
[iii] Insgesamt waren es 16 Fragen, die aber alle diese drei Themen behandelten. Aus den Antworten auf die 16 Fragen hat Bloom einen Maßstab für strukturiertes Management ermittelt.