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Nationalismus und Machtsucht

Für George Orwell zeichnen sich Nationalisten dadurch aus, dass sie immer nach dem Triumph der eigenen Gruppe streben – diesem Triumph ordnen sie alles unter, sogar ihre moralischen Grundwerte.[i]

Ist Nationalismus in Orwells Augen also nicht viel mehr als eine krankhafte Siegessucht?

Nein. Der Nationalist richtet seine Fahne nicht einfach nach dem Wind des Sieges. Er wählt also nicht unbedingt die siegesreichste Gruppe aus und er verlässt sie auch nicht im Fall einer Niederlage.

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Nationalismus und Patriotismus

Nationalismus und Patriotismus sind zwei oft verwendete aber selten definierte Begriffe.

Glücklicherweise hat uns George Orwell in seinem 1945 verfassten Essay „Notes on Nationalism“ eine Definition hinterlassen, die noch aus heutiger Sicht äußerst nützlich erscheint.

„By ‘patriotism’ I mean devotion to a particular place and a particular way of life, which one believes to be the best in the world but has no wish to force upon other people.“ – George Orwell in seinem Essay „Notes on Nationalism“.

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Selbstzerstörung der Gruppe

Zu Beginn des Computerzeitalters gab es in Sachen Software nur ein Ziel: Die Software muss ein spezifisches Problem lösen. Wie die Software das tat, war mehr als zweitrangig, da schlussendlich ohnehin nur Experten die Maschinen bedienten.

Je mehr der Computer aber in die Hände von normalen Nutzern ohne technischen Hintergrund kam, desto mehr spielte die einfache Nutzbarkeit eine entscheidende Rolle. Heute designet kaum ein Software-Ingenieur seine Programme, ohne auch an die Nutzbarkeit zu denken.[i]

Doch bereits 2003 hat Clay Shirky in seiner Keynote „A Group is its own worst enemy” festgestellt, dass ein ganz neuer Faktor Einzug in die Softwarebranche erhalten hat: Soziale Software.

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Fluch der vielen Einzelgänger

Das Gesetz der großen Zahlen ist eines der hilfreichsten Phänomene für Demokratie und Wirtschaft. Kein Wähler muss sich genau richtig entscheiden, kein Investor genau zum richtigen Preis kaufen und dennoch ergibt sich im Schnitt ein optimales Ergebnis.

Blöd nur, wenn nicht der Durchschnitt zählt, sondern der Extremwert. Eine Gruppe von Wissenschaftlern hat im Zuge ihrer Forschung ein potentes Krebsmedikament entdeckt. Bestandteil dieses Medikamentes ist eine neue Chemikalie, die in ihrer reinen Form als enorm gefährliche Biowaffe fungieren kann.

Die Forscher sind nicht sicher, ob sie das Ergebnis publizieren sollen. Das Krebsmedikament würde zwar vielen helfen, die Biowaffe aber vielleicht noch mehr Menschen töten. 19 von 20 Wissenschaftlern entscheiden sich gegen die Veröffentlichung. Doch einer der Forscher hat eine andere Meinung und publiziert die Ergebnisse.

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Gewalt, Macht & Geheimniskonzentration

Macht und Gewalt hängen eng zusammen. Schon seit Urzeiten ist Stärke eine Grundeigenschaft jedes Machthabers. Allerdings gibt es einige entscheidende Unterschiede zwischen Gewalt und Macht.

Denn Macht hat recht wenig mit machen zu tun. Bei der Macht geht es nicht um konkrete momentane Handlungen. Es geht lediglich darum, dass man kann, wenn man will.

Elias Canetti erläutert diesen Unterschied in seinem Buch „Masse und Macht“ anhand des Beispiels von Maus und Katze. Wenn die Katze die Maus erwischt, so befindet sich die Katze in einer Position der Gewalt. Sie kann die Maus umbringen und fressen und hat die totale direkte Kontrolle.

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Verschränkung des Krieges

„In Kriegen geht es ums Töten. […] Es geht um ein Töten in Haufen.“ – Elias Canetti in „Masse und Macht“

Der Krieg ist ein sehr sonderbares Phänomen. Die Gesellschaft hat den ganz ursprünglichen Sinn, den einzelnen Menschen vor seinem Tod zu bewahren. In einer starken Gemeinschaft können Schwächere von den Stärkeren mitgefüttert werden, durch die gemeinsamen Kräfte kann man größere Schutzmauern bauen und so weiter.

Im Krieg ist das anders. Denn der Krieg wird von einer Gesellschaft gegen die andere geführt. Beide Gesellschaften bedrohen sich gegenseitig mit dem Tod. Die Funktion der Gesellschaft kehrt sich also vollkommen um – gerade weil man Teil der Gemeinschaft ist, wird man vom Tod bedroht.

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Zerstörungssucht von Protesten

Kaum ein Protest kommt ohne Zerstörung aus. Es werden Feuer gelegt, Fenster eingeschlagen, Denkmäler niedergerissen.

Dafür finden sich immer reichlich Begründungen: Die Trennung von veralteten Denkmälern sei ohnehin schon lange fällig. Die Geldgierigen kann man nur beeinflussen, wenn man sie auf der Ebene des Materiellen beeinflusst.

Doch diese Begründungen sind in den meisten Fällen nicht viel mehr als eine im Nachhinein produzierte rationale Erklärung des eigenen emotionalen Verhaltens. Genau wie man nach dem emotionalen Autokauf allerlei rationale Gründe für die Notwendigkeit des neuen Gefährtes vorbringt.

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Befehl, Opfergaben und die Flucht

Das Kommunikationsmittel des Befehls ist älter als die Sprache. Jedes Kind, das der Sprache nicht mächtig ist, aber auch Hunde und andere Lebewesen verstehen Befehle.

Der Befehl leitet sich – so die These von Elias Canetti in seinem Werk „Masse und Macht“ – von der Flucht ab. Ein Tier flüchtet vor dem Feind, weil es bedroht wird. Der Angriff des Feindes ist damit die ursprünglichste Form des Befehls. Dieser Zusammenhang wirkt auf den ersten Blick etwas weit hergeholt, doch tatsächlich hat der Fluchtbefehl viel mit den Befehlen unseres Alltags gemein.

Zum einen gibt es eine klare Hierarchie. Der Feind steht in Sachen Macht ganz eindeutig über seinem potentiellen Opfer. So auch beim Befehl.

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Vertrag von Versailles und die Masse

Die Pariser Friedensverträge – allen voran der von Versailles - waren ein entscheidender Treiber der nationalsozialistischen Bewegung nach dem Ersten Weltkrieg. Unaufhörlich sprach Hitler über das Schanddiktat von Versailles - es war ein zentraler Wahlslogan der Nazis und für viele Deutsche ein zentrales Wahlmotiv.

Die konventionelle Sicht auf den Vertrag sieht den Fehler in der alleinigen Schuldzuschreibung, den hohen Reparaturzahlungen sowie der geforderten Abrüstung. Diese Faktoren wurden von den Deutschen nie akzeptiert und verhinderten somit von vornherein einen endgültigen Frieden.

Doch Elisa Canetti liefert in seinem philosophischen Hauptwerk „Masse und Macht“ eine andere, aber nicht weniger entscheidende Sichtweise.

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Menschen als Turbulente Strömung

Im Zuge der Haddsch, der islamischen Pilgerfahrt nach Mekka, sind am 12. Januar 2006 mehr als 360 Pilgerer in einer Massenpanik ums Leben gekommen. Das würde erstmal nicht überraschen. Viele Menschen auf engem Raum und irgendwann wird der Druck einfach zu groß. Es überrascht aber, weil es sich im Falle dieser Panik um einen offenen flachen Bereich ohne Gegenströmung handelte.

Doch die Videoanalyse der Wissenschaftler gibt Aufschluss. Sie hat gezeigt, dass sich die Geschwindigkeit der Passanten selbst bei einer enorm hohen Dichte niemals auf null reduzierte. Die Menschen hörten also nie auf, sich zu bewegen. Menschen verhalten sich in einem Massenstrom also nicht wie Autos in einem Stau.

Mit einer immer größer werdenden Dichte an Pilgern hat sich der Fußgängerstrom zuerst von einem durchgehenden Fluss auf eine Art stop-and-go Fluss reduziert. Als der Druck aber schließlich zu hoch wurde, kam es zu starken Koordinationsproblemen innerhalb der Masse. Manche Menschen haben einen Schritt zurück gemacht, während andere nach vorne traten und all die Einzelschritte liefen wie Schockwellen durch die gesamte Menschenmasse.

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Psychologie der Massen und Ideenträgheit

Je mehr sich die Geschwindigkeit der Veränderung erhöht, desto gefährlicher wird diese Ideenträgheit der Massen. Wenn wir es dann auch noch vermehrt mit populistischen Politikern zu tun haben, die nicht von Idealen und eigenen Ideen getrieben sind, sondern einfach die Ideen adaptieren, die bei der Wählerschaft gut ankommen, dann sind wir an einem Punkt, wo die Demokratie es nicht mehr schafft, angemessen mit der Welt umzugehen.

Um das zu verhindern muss die Ambiguität der Welt respektiert werden. Anstatt von Wahrheiten gilt es von Wahrscheinlichkeiten zu sprechen.

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Kritisches Denken – Nonkonformes Denken

Es stimmt nämlich nicht, dass Massen nicht kritisch sind, Massen sind nur nicht gegen sich selbst kritisch, sondern gegen die Anderen.

Kritisches Denken und Denken abseits des Konsenses sind also nicht das Gleiche. Von letzterem brauchen wir viel mehr, Menschen die eine kritische Haltung zu irgendeinem Thema einnehmen können gibt es hingegen zuhauf. Einfach kritisch sein ist einfach, zu bekritteln gibt es immer etwas.

Was zählt ist, wirklich neue Gedanken zu haben und den Konsens zu hinterfragen. Genau das fordert den Geist wirklich heraus, im Gegenteil zum oft sehr stumpfen kritischen Denken.

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