text — noah leidinger

Unser neues Buch: Ohne Aktien Wird Schwer.

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Posts tagged Rationalität
Geschichten – eine Wirtschaftsmacht

Noch bevor Epidemie-Modelle zum populärsten Gesprächsthema der Medien geworden sind, hat sich der Ökonom und Nobelpreisträger Robert Shiller in seinem Buch „Narrative economics“ mit ihnen auseinandergesetzt. Allerdings hat sich Shiller weder mit Viren noch anderen Krankheiten beschäftigt, vielmehr interessiert ihn die virale Verbreitung von wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Narrativen.

Die wenigsten Konsumenten sind wirtschaftlich wirklich gut informiert. Dennoch müssen diese Konsumenten Entscheidungen über den Kauf eines neuen Autos, die Hortung von Lebensmitteln oder die nächste Urlaubsreise treffen. In diesen Entscheidungen sind also nicht die wirtschaftlichen Fakten ausschlaggebend, sondern vielmehr Narrative, die Aufmerksamkeit erregen und in der Gesellschaft weit verbreitet sind.

So ein Narrativ kann sich beispielsweise rund um den Zusammenbruch des Währungssystems entwickeln. In intensiven Wirtschaftskrisen kann das Narrativ des Mitleids sehr stark aufblühen, was dazu führt, dass Konsumenten aus Empathie zu verarmten Mitbürgern ihren Konsum reduzieren. Entscheidend ist jedenfalls, dass es sich dabei oft um Geschichten handelt, die vereinfacht sind und eher wegen menschlicher Psychologie als aufgrund ökonomischer Relevanz populär werden.

Was haben diese Geschichten aber mit Epidemie-Modellen zu tun?

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Irrationalität & Inflation

Was spricht eigentlich gegen eine Inflation von 0 Prozent? Ökonomen und Politiker sprechen immer wieder davon, dass man eine Inflationsrate von 2-3% braucht, damit die Wirtschaft perfekt funktioniert.

Dabei sollte die Inflation doch eigentlich gar keine Auswirkung auf die Wirtschaft haben. Die Preise nehmen zwar zu, doch die Löhne und Gehälter müssten auch im gleichen Ausmaß ansteigen.

Denn ein rational agierendes Unternehmen passt Preise und Löhne der Inflation an. Ein rational agierender Arbeiter wiederum verlangt mehr Gehalt, wenn die Inflation zunimmt.

Das Problem: viele Arbeitgeber sind nur fast rational und viele Arbeitnehmer haben ein falsches Verständnis von Inflation.

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Optimieren, Maximieren, Satisfizieren

Eine Erklärung für dieses Phänomen besagt, dass es mit Kosten verbunden ist, neue Dinge auszuprobieren und bessere Lösungen zu finden. Anstatt also den Nutzen zu maximieren, optimieren wir ihn. Wir optimieren den Nutzen unter einer Abwägung der Kosten und des potentiellen Gewinnes.

Doch die Kosten, den täglichen Weg zur Arbeit immer wieder einmal geringfügig abzuändern, sind im Vergleich zur gemessenen Zeitersparnis enorm gering. Wenn die Pendler also optimiert hätten, wäre niemals ein so drastischer Effekt durch den Streik entstanden.

Die Antwort des Problems liefert der ehemalige Ökonom, Politikwissenschaftler und Psychologe Herbert Alexander Simon in seinem berüchtigten Paper „Rational choice and the structure of the environment.“

Anstatt ums Optimieren oder Maximieren des Nutzens, geht es uns Menschen laut dieser Theorie um das „satisficing“.

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Zwang gleich Zufriedenheit

„So not having money was sort of an incentive. You’ve got to design things yourself because you can’t go out and buy stuff like some people can.” – Steve Wozniak im Remarkable People Podcast.

Wenn man der anekdotischen Evidenz Glauben schenkt, führen Knappheit und Beschränkung in vielen Fällen zu den besten und innovativsten Lösungen. Davon berichtet nicht nur Apple-Gründer Steve Wozniak, sondern auch diverse Künstler, Autoren und Unternehmer.

Doch man muss sich nicht auf Anekdoten verlassen. Beweis für den Nutzen von Beschränkungen liefern Ferdinand Rauch et al. in ihrem Paper „The benefits of forced experimentation: striking evidence from the London Underground Network.”

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Affekt-Heuristik & toxische Emotionen

Ein dezisiver Grund, dem eigenen Denken in Krisenzeiten nicht unhinterfragt zu vertrauen, ist die sogenannte Affekt-Heuristik. Investoren halten einen Aktienmarktcrash für wahrscheinlicher, wenn sich in den letzten 30 Tagen ein Erdbeben in der Nähe ihres Wohnortes abgespielt hat. Dabei hat ein lokales Erdbeben so gut wie gar nichts mit der globalen Entwicklung der Aktienmärkte zu tun.

Grund für diese irrationale Entscheidung ist die evolutionär tief verankerte Denkabkürzung des Affekts. Wenn wir eine sehr intensive Emotion wie Angst oder Freude empfinden, übertragen wir diese Emotion auf unser Denken in allen Lebensbereichen, auch wenn die Ursache der Emotion mit diesen Bereichen gar nichts zu tun hat.

Doch die Affekt-Heuristik und ihre Wirkung auf die menschliche Kognition gehen weit über intensive oder offensichtliche Emotionen hinaus, wie der US-amerikanische Psychologe Paul Slovic in seinem Paper „The affect heuristic“ beschreibt.

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Kreativität – Gefahr für Entscheidungen

„There was no other way out. No window, no hole, no escape hatch, no backdoor. We had to go through the front door and deal with the big, ugly guy blocking it. Lead bullets.” – der erfolgreiche Unternehmer und Venture Capitalist Ben Horowitz in seinem Artikel „Lead Bullets“.

Gerade in turbulenten Zeiten, in Krisen und problematischen Phasen stehen Entscheider vor schweren, unangenehmen Entscheidungen.

Besonders unangenehm sind diese Entscheidungen, wenn der richtige Weg auf der einen Seite offensichtlich, aber auf der anderen Seite nur mit Verlusten oder gewaltigen Anstrengungen zu bewältigen ist. In diesen Fällen ist ein entscheidender Faktor, der eigenen Kreativität nicht zu viel Raum zu geben.

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Kayfabes – die Show-Kämpfe unserer Welt

Auch in Politik und Journalismus scheint dieses Konzept zumindest teilweise Einzug erhalten zu haben. Ein Großteil des Kampfes zwischen Opposition und Regierenden mag nur ein gemeinsames Schauspiel sein, um wirklich innovative Kräfte und Konzepte aus dem Ring zu halten.

Und noch eine besonders brisante Erkenntnis liefert das professionelle Wrestling. Die verschiedenen Schichten an Lügen sind ab einem gewissen Zeitpunkt so schwer zu durchschauen, dass Lüge zu Realität und Realität zu Lüge wird. So führten einige reine Show-Affären schlussendlich zu Affären im echten Leben.

Diese Erkenntnis ist deshalb besonders brisant, weil wir alle in gewisser Art und Weise Teil und Motor von Kayfabes in bestimmten Lebensbereichen sind und es gar nicht bemerken.

Das Gegenmittel: First-principle-thinking. Eigenständiges Denken ausgehend von Fakten und grundlegenden Wirkmechanismen.

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Brücken und Märkte

Gerade ein Krisenzeiten, wenn die Kurse an den Börsen an einem Tag um 10% fallen und am nächsten Tag um 10% steigen, wird klar, dass Märkte nicht immer rational sind. Die These der effizienten Märkte mag in vielen Fällen mehr oder weniger richtig sein, doch sobald Chaos an den Märkten ausbricht, erkennt jedes Kind, dass die These falsch sein muss.

Dabei würde man eigentlich annehmen, dass die Märkte in Krisen am effizientesten sind. Schließlich sind zu diesen Zeiten auch die Volumina am höchsten. Wenn mehr Anbieter und Nachfrager am Markt aktiv sind, sollte sich durch ihr kollektives Verhalten die beste Annäherung an einen fairen Wert finden lassen.

Der südkoreanische Ökonom Hyun Song Shin erklärt dieses scheinbare Paradox anhand der Millennium Bridge in London. Die Fußgängerbrücke in der englischen Hauptstadt wurde mit ohnehin schon 2 monatiger Verspätung am 10. Juni 2000 eröffnet, musste aber zwei Tage später wieder geschlossen werden. Die Brücke begann nämlich heftig horizontal zu schwanken, wenn sich Fußgänger auf ihr bewegten.

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Rationale Irrationalität – kein Oxymoron!

Rationale Irrationalität. Hört sich stark nach Oxymoron an, erklärt aber viele Mysterien des menschlichen Verhaltens.

Menschen vertreten sehr überzeugt Meinungen, obwohl sie schlecht informiert sind. Sind absolut sicher, dass ihr religiöser Glaube der einzig wahre ist oder wählen Parteien und Politiker, deren Maßnahmen ihnen eigentlich schaden.

Der Grund für dieses Verhalten: Irrationalität ist ein ökonomisches Gut.

Der Begriff der rationalen Irrationalität stammt vom US-amerikanischen Ökonomen Bryan Caplan und geht auf das Konzept der rationalen Ignoranz von Anthony Downs zurück.

Die Theorie der Rationalen Ignoranz nimmt an, dass Information ein ökonomisches Gut ist. Informationsbeschaffung ist also mit Kosten verbunden. Ein gut verdienender Manager wird seine Zeit in der Regel nicht damit verbringen, Informationen zu den neusten Schnäppchen im Supermarkt zu studieren. Die Ignoranz dieser Information ist vollkommen rational, da er die Zeit viel produktiver nutzen kann.

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DISC – Unterdrückung von Ideen

Bis vor einigen Tagen war die Expertenmeinung in US-amerikanischen und europäischen Medien eindeutig: Masken, wie sie in ganz Asien getragen werden, haben im Grunde keine wirkliche Wirkung und sind keine sinnvolle Maßnahme gegen Covid-19.

Nach und nach führen aber immer mehr Staaten diese Masken ein und erachten sie plötzlich doch als zielführend. Die Wahrheit hinter dieser Entwicklung liegt wahrscheinlich irgendwo zwischen einer Ignoranz gegenüber anderen Kulturen und einer strategischen Maßnahme, weil man keine Masken zur Verfügung hatte und sich vor einer möglichen Knappheit für Spitäler und Co. fürchtete.

Spannend ist, wie diese Entwicklung so ziemlich alle relevanten Medienhäuser mitgemacht haben, darunter auch einige, denen man nur sehr wenig Konformismus und Freunderlwirtschaft vorwerfen kann.

Der US-amerikanische Mathematiker und kontroverse Denker Eric Weinstein beobachtet derartige Phänomene vor allem in den USA schon seit längerer Zeit. Er spricht in diesem Zusammenhang vom Distributed Idea Supression Complex, kurz DISC. DISC lässt sich nicht wirklich gut übersetzen, beschreibt aber einfach diverse miteinander komplex agierende Strukturen in unserer Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft, die dazu führen, dass gewisse innovative und kontroverse Ideen unterdrückt werden.

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Prinzipien in Krisen

Wenn man vor einer Entscheidung steht, versucht eine Situation zu analysieren, dann geht es zum einen darum, die aktuelle Lage sorgfältig zu beobachten, zum anderen ist aber auch die Meta-Ebene, also eine historische Betrachtung essentiell.

Dank dem Recency Effect tendieren wir dazu, aktuelle Ereignisse oder Ereignisse der nahen Vergangenheit weitaus stärker wahrzunehmen, als Ereignisse, die schon einige Zeit zurückliegen.

Gerade wenn die aktuelle Situation, wie in einer Krise, auch noch sehr emotional ist, verliert man den historischen Blick oft vollkommen und bekommt eine immer beschränktere Sichtweise auf die Dinge.

Genau dieses Phänomen lässt sich aktuell an den globalen Finanzmärkten sehr schön beobachten. Die Investoren sprechen normalerweise immer darüber, dann zu kaufen, wenn das Blut durch die Straßen fließt, sprechen davon wie rational sie in einer Krise bei günstigen Preisen nachkaufen würden.

De facto tun das dann aber sehr wenige. Der Grund?

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Schnelles Fühlen, langsames Fühlen

Der Verstand oder die Emotion. Der genaue Plan oder das Buchgefühl. Rational oder irrational.

Bei jeder Entscheidung muss man sich genau dieser Wahl stellen. Die einen erachten das Bauchgefühl und die Emotion als den langfristig besten Ratgeber, die anderen vertrauen ganz auf die Ratio.

Dabei ist schon die Unterscheidung in Emotion und Verstand, in Irrationalität und Rationalität, vollkommen falsch. Der Verstand ist nicht immer rational, beispielsweise wenn man einer der vielen kognitiven Verzerrungen zum Opfer fällt. Gleichzeitig ist die Emotion nicht immer irrational.

Dass man dem Verstand nicht einfach blind vertrauen kann, sondern sein eigenes Denken auf unlogische Schlussfolgerungen und Biases überprüfen muss, ist Entscheidungsträgern längst bekannt. Dass genau das Gleiche für die Emotion gilt, missachten wir häufig.

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Metarationalität – keine Ahnung!

“My opinion about Corona is not important.” – Liverpool Trainer Jürgen Klopp in einer Pressekonferenz.

Diese Aussage von Jürgen Klopp hat viele beeindruckt. Logisch. Menschen zu treffen, die nicht zu jedem Thema eine Meinung haben ist äußerst selten. Wenn man zu einem Thema gefragt wird, muss man auch was dazu sagen, das lernt man schon in der Schule.

Keine Antwort & keine Meinung? Schlechte Noten, schlechte Publicity.

Dabei ist keine Meinung in vielen Fällen die rationalste Meinung. Doch die meisten Menschen die sich selbst als rational bezeichnen meinen damit, dass sie eine in sich logische und faktenbasierte Meinung haben. Einen Schritt weiter zu gehen und die Frage zu stellen, ob es überhaupt rational ist, eine Meinung zu haben, das gelingt nur einer winzigen Minderheit.

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Der Weg zur Freunderlwirtschaft

Dass es sich bei diesem Sozialismusargument um einen fiktiven Vergleich handelt, haben viele Kapitalismusbefürworter schon lange erkannt. Tatsächlich argumentieren selbige, darunter auch der Autor dieses Artikels, aber in Bezug auf den Kapitalismus ebenfalls gerne mit fiktiven Vergleichen.

Viele der Missstände des Kapitalismus, wie die intensive Verzahnung von Politikern und Unternehmern, den Nepotismus oder die stetig wachsende Lobbying-Branche, tun die Kapitalismus-Fürsprecher damit ab, dass es sich hierbei nicht um wirklichen freien Kapitalismus handelt.

Doch auch dieses Argument ist ein sehr schwaches und ein fiktiver Vergleich. In Staaten mit Demokratien und Kapitalismus sind diese Auswüchse nämlich so gut wie immer zu beobachten. Der tatsächliche Kapitalismus scheint also eine Tendenz zu einer Verzahnung von Politik und Wirtschaft, eine Tendenz zur Freunderlwirtschaft, zu haben.

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Rationalität wenn Rationalität gebührt

Sich mit typischen menschlichen Denkfehlern, Biases und kognitiven Verzerrungen auseinanderzusetzen ist essentiell, wenn man gute, rationale und wahrheitsgetreue Entscheidungen treffen will. Doch man darf nicht den Fehler machen, die eigene Rationalität zu überschätzen und evolutionär entwickelte Denk- und Entscheidungsmuster zu unterschätzen.

Es ist zu einfach, diese menschlichen Biases kategorisch als irrationales Verhalten abzutun. Bei den psychologischen Experimenten mit denen man diese kognitiven Verzerrungen feststellt, handelt es sich nämlich immer um einzelne voneinander unabhängige Entscheidungssituationen. Im echten Leben hingegen handelt es sich bei den meisten Entscheidungen um zusammenhängende Themenkomplexe mit vielen sich gegenseitig beeinflussenden Faktoren.

Gerade wenn es aber um große zusammenhängende Themenkomplexe geht, sollte man die natürlichen Entscheidungsheuristiken nicht von vornherein als sinnlos abtun, sondern überdenken, ob nicht doch eine gewisse evolutionäre Rationalität hinter ihnen steckt und das Bauchgefühl eine bessere Entscheidung liefert, als die rational durchdachte Strategie.

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Corona – Irrationalität als Segen

Die Menschen haben Angst. Verständlich, wenn man sieht, dass in China und jetzt auch in Italien ganze Städte ruhiggelegt werden und Ärzte sowie Pfleger in futuristisch anmutenden Vollkörperanzügen die Patienten behandeln.

Viele scheinen nicht zu verstehen, dass die teils drastischen Maßnahmen zum Stoppen des Virus (die meines Erachtens nicht übertrieben sind) nicht unbedingt damit in Zusammenhang stehen, dass die Gefahr für den einzelnen Bürger, infiziert zu werden oder gar zu sterben, hoch ist.

Und wenn die Menschen dann auch noch in Taschentücher oder den Ellenbogen husten, anstatt in die eigenen Hände. Wenn sich die Menschen dann auch noch mit einer Fist Bump statt mit einem Handschlag begrüßen. Wenn sich die Menschen dann auch noch die Hände öfter waschen, dann kann man an dieser irrationalen Überreaktion mehr rationales und positives finden, als man auf den ersten Blick meinen würde.

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