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Unser neues Buch: Ohne Aktien Wird Schwer.

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Posts tagged Wissenschaft
Transparenz – zerbrechliches Glas!

„Socialist governments traditionally do make a financial mess. They always run out of other people's money.” – Margaret Thatcher in einem TV Interview vom 5. Februar 1976.

Mit dem Geld anderer Menschen geht man ganz anders um als mit seinem eigenen. Dieses Problem ist nicht neu, aber bleibt eines der großen Schwierigkeiten repräsentativer Demokratien. Schlussendlich sollen Politiker im Interesse ihre Wähler entscheiden und schlussendlich müssen Politiker auch das Geld dieser Wähler ausgeben. Eine Lösung, der vor allem liberale Parteien sehr viel abgewinnen können, ist die der Transparenz.

Zynische Zungen bezeichnen diesen Ruf nach Transparenz als ein Ja zur Korruption, aber hinter gläsernen Wänden.

Doch abseits dieser zynischen Zungen sehen auch viele Wissenschaftler den Ruf nach Transparenz als einen Ruf ins Leere. Manchmal sogar einen Ruf ins Negative.

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Die intellektuelle Schuldenblase

1897 entdeckte man erstmals die positiven Effekte von Aspirin. Eine Erklärung für die Funktionsweise folgte 98 Jahre später im Jahr 1995.

Diese Spanne zwischen dem, was funktioniert, und unserem Verständnis der Funktionsweise, bezeichnet man als Intellektuelle Schulden.

Intellektuelle Schulden waren bisher vor allem ein Thema der Medizinbranche. Medikamente werden nicht zugelassen, weil man den genauen Wirkmechanismus erklären kann. Medikamente werden zugelassen, weil sie in klinischen Studien positive Effekte zeigen. Korrelation statt Kausalität ist die Devise.

Das muss nicht unbedingt schlecht sein, stellt aber eine Gefahr dar. Eine Gefahr in Bezug auf die langfristige Innovationsgeschwindigkeit sowie in Bezug auf unerwünschte Kettenreaktionen.

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Kosmische Bescheidenheit

Abraham Loeb, Astrophysikprofessor der Harvard University, wird „dafür bezahlt, über den Himmel nachzudenken“ – so die Kurzbeschreibung seiner Tätigkeit in einem kürzlich erschienen Interview mit der Schriftstellerin Sibylle Berg.

Über die 100-400 Milliarden Sterne in der Milchstraße oder gleich die 100-200 Milliarden Galaxien im Universum nachzudenken muss einen auf lange Sicht wohl bescheiden machen, bescheiden in dem Sinn, dass die Erde weder sonderlich wichtig noch sonderlich einzigartig ist.

Tatsächlich rechnen Astronomen damit, dass es mehr Planeten gibt, auf denen biologisches Leben wie auf der Erde existieren kann, als es Sandkörner an allen Stränden dieser Welt gibt.

Dennoch wird sehr wenig in das Auffinden von intelligenten Lebewesen auf anderen Planeten investiert. Und das obwohl schon alleine die große Zahl an Planeten mit solchen Möglichkeiten rein wahrscheinlichkeitstechnisch darauf hinweist, dass wir nicht die einzigen intelligenten Lebensformen sind.

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Normgleichgewicht – Steuer, Fleisch & Impfen

Wenn ein bestimmtes Verhalten oder ein Gesetz von einer Gesellschaft akzeptiert wird, erntet man schiefe Blicke, wenn man sich anders verhält und hat mit Konsequenzen zu rechnen, wenn man das Gesetz bricht. Insofern stabilisiert sich diese Handlungsweise durch das gesellschaftliche Normverständnis praktisch von selbst.

Wenn das Gesetz aber von der breiten Gesellschaft ignoriert wird, erntet derjenige schiefe Blicke, der sich daran hält.

Der spannende Punkt an beiden Gleichgewichten, sowohl dem positiven als auch dem negativen, ist, dass sie sich selbst verstärken und sehr stabil sind. In der Spieltheorie würde man davon sprechen, dass sie self-enforcing sind. Das macht es so schwer, in Staaten mit einer Kultur von Steuerbetrug zu mehr Steuerehrlichkeit zu kommen.

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Ablösepakete – Absurdität oder Logik

Vorstandsgehälter im sechs- und siebenstelligen Bereich sorgen im öffentlichen Diskurs immer wieder für Empörung. Besonders die hohen Ablösesummen für Vorstände, die in ihrer Funktion großen Schaden angerichtet haben, sind für viele unverständlich und ein Zeichen der irrationalen Auswüchse des Kapitalismus.

Dies mag zum Teil auch erklären, wie es dazu kommen konnte, dass der Vorstandsvorsitzende von Merrill Lynch im Jahre 2007 ein Ablösepaket im Umfang von 160 Millionen US-Dollar bekommen hat, nachdem die Bank unter ihm Verluste in Höhe von fast 8 Milliarden US-Dollar verbuchen musste.

Das bedeutet aber keinesfalls, dass bei dem einen oder anderen Ablösepaket nicht auch die Verhaberung eine entscheidende Rolle spielt. Dies ist aber vor allem in Betrieben zu beobachten, bei denen, e.g. durch Staatsbeteiligungen, enge Kontakte mit der Politik bestehen. Im rein privatwirtschaftlichen Bereich sind die Beteiligten oft zu gewinnorientiert, als das sie sich so eine Verhaberung leisten würden.

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Antizipativ oder Versprechensbasiert

In der Demokratie gibt es einen inhärenten Interessenskonflikt zwischen langfristig orientierten Entscheidungen und den periodisch wiederkehrenden Wahlen, in denen vor allem die kurzfristige Popularität und Mobilisierung die entscheidende Rolle spielt.

Alle politischen Maßnahmen mit denen ein Politiker im Zuge seiner Regierungszeit versucht, Popularität für die nächste Wahl zu gewinnen, müssen hingegen immer kurzfristiger orientiert sein. Je später in der Regierungszeit, desto kurzfristiger und irrationaler.

Aus diesem Grund gilt es Rechenschaftsmechanismen für Politiker zu schaffen, die den Wählern transparenter ermöglicht, die Handlungen eines Politikers mit seinen Versprechen im vorangegangenen Wahlkampf zu vergleichen.

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Populismus – Delegates VS. Trustees

Populistische Politiker zeichnen sich dadurch aus, dass sie nicht von eigenen Ideen und Idealen getrieben sind, sondern immer die Ideen adaptieren und adoptieren, die aktuell gut bei der Wählerschaft ankommen.

Tatsächlich steckt hinter dieser Frage ob Populismus gut oder schlecht ist aber eine jahrhundertelange Debatte darüber, wie politische Repräsentation in einer Demokratie aussehen soll.

Die entscheidende Frage ist, ob sich gewählte Politiker wie Trustees oder wie Delegates verhalten sollen.

Trustees sind Politiker, die ihrem eigenen Verständnis von der richtigen Vorgehensweise folgen und sich nicht direkt nach dem Willen ihrer Wähler richten. Delegates hingegen folgen einfach den Präferenzen ihrer Wähler.

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Scientabilität & Homöopathie – Achtung

Es scheint absurd, wissenschaftliche Studien über Maßnahmen durchzuführen, deren vorgeschlagene Wirkmechanismen dem aktuellen Stand der Wissenschaft widersprechen. Noch absurder scheint es, dass es für eine dieser Methoden, die Homöopathie, immer wieder Studien gibt, die einen Effekt belegen, der über einen normalen Placebo-Effekt hinausgeht.

Im Vergleich zu diesen wissenschaftlich gut belegten Erkenntnissen, wie dem Dosis-Wirkung-Prinzip, ist die Evidenzkraft von wissenschaftlichen Studien gering. Denn gerade im Bereich der Medizin sind die Studien und ihre Erkenntnisse nur statistische Natur. Wenn aber eine klinische Studie e.g. ein Konfidenzintervall von 90% hat, wird in 10% aller Studien ein falsch positives Ergebnis herauskommen.

Auf Basis dieser Argumentationslinie spricht sich Christian Weymayr für das Konzept der Scientabilität aus und dagegen „sichere Erkenntnisse mit einer unsicheren Prüfmethode belegen oder widerlegen zu wollen“.

Das Konzept der Scientabilität klingt erst einmal sehr einleuchtend, doch es birgt große wissenschaftliche Risiken.

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Grün oder Blün – deskriptiver Fehlschluss

Wenn es um wissenschaftliche Modelle geht, kann man das, was Nassim Taleb als narrative Verzerrung beschreibt, als deskriptiven Fehlschluss bezeichnen.

Deskriptiv erfolgreich ist ein Modell dann, wenn es das beobachtete Verhalten beschreiben und im besten Fall auch noch richtige Vorhersagen über das zukünftige Verhalten machen kann. Einige Wissenschaftler, darunter ehemals Milton Friedman, sind der Ansicht, dass die hohe Deskriptivität eines Modells die ultimative Raison d'Être ist.

Allerdings missachtet dieser reine Fokus auf die Deskriptivität den Fakt, dass es meiste eine Vielzahl an Modellen gibt, die bisherige empirische Beobachtungen eines gewissen Phänomens gut beschreiben und das Phänomen in einem begrenzten Zeitraum vorhersagen können.

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De jure & de facto Macht in Politik & Leben

In der Politikwissenschaft gibt es eine Theorie, die politische Macht in de jure Macht und de facto Macht unterteilt. De jure Macht ist die Macht, die eine Gruppe oder ein Individuum im politischen System hat. De jure Macht ist also beispielsweise das Wahlrecht der Bürger in einer Demokratie oder das unbeschränkte Recht des Diktators in einer Diktatur.

De facto macht ist die Macht außerhalb des politischen Systems und der politischen Institutionen. De facto Macht haben beispielsweise die Bürger bei einer Revolution oder das Militär bei einem Militärputsch.

In Situationen der Ruhe, der Rationalität, der Besonnenheit trifft man in der Regel sehr gute Entscheidungen. Doch genau wie die de facto Macht im politischen Raum, ist diese besonnene Entscheidungsmacht meist nur sehr vorübergehender Natur und löst sich auf, sobald man es mit dem Ernstfall zu tun bekommt.

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Filterblasen – ein Ablenkungsmanöver

„Jeder weiß, dass die Algorithmen von Facebook, Twitter und You-Tube zur Teilung der Gesellschaft führen und damit die Demokratie gefährden. Was kann man also tun, um die Filterblasen zu bekämpfen?“ – der Konsens.

Gar nichts, denn was es nicht gibt, kann man nicht bekämpfen. Die aktuelle Studienlage deutet stark darauf hin, dass Filterblasen - in der Form einer privaten Nachrichtenkammer, in welche nur mehr Nachrichten gefiltert werden, die die eigene Meinung bestätigen und damit jegliche Diversität ausblenden – gar nicht existieren.

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Absolute Moral & Fakultative Einhaltung

Aus evolutionärer Sicht hätten wir im Sinne der ersten Erklärung die Moral aber schon lange aufgegeben. Was dem Eigeninteresse schadet, kann sich evolutionär nicht durchsetzen. Im Sinne der zweiten Erklärung würden sich auf lange Sicht die langfristig orientierten Individuen durchsetzen, was zu einem absoluten Verständnis von Moral und auch einer absoluten Einhaltung der moralische Vorschriften führen würde.

Diese beiden Erklärungen halten einer genauen Überprüfung also nicht stand. Wie kann man nun aber aus evolutionärer Sicht die absoluten Moralvorstellungen gepaart mit einer sehr volatilen Einhaltung der moralischen Regeln erklären?

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Als-Ob-Modelle

Jedem ist klar, dass der professionelle Billard-Spieler sich keine Gedanken um physikalische Zusammenhänge macht, wenn er seine Stöße durchführt. Allerdings kann man sein Verhalten und das Verhalten des Balles perfekt mit physikalischen Modellen erklären. Diese Modelle sind also zur Beschreibung des Verhaltens des Spielers geeignet, auch wenn er die Rechnungen nicht tatsächlich anstellt, sondern nur so tut als ob.

Einige Ökonomen, allen voran Milton Friedman, haben nun versucht dieses Als-Ob-Argument auf die Wirtschaftswissenschaften zu übertragen.

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Fiktive Vergleiche

Die kategorische Ablehnung von Atomkraft, die Verteuflung des Kapitalismus und die Verurteilung der Filterblasen in der digitalen Medienlandschaft haben eines gemeinsam - ihnen liegt der fiktive Vergleich zu Grunde.

Der fiktive Vergleich wird vor allem von den Menschen verwendet, die sich selbst als besonders kritisch ansehen, die alles hinterfragen, also leider auch von vielen Journalisten und Meinungsmachern. Denn man fällt dem Phänomen des fiktiven Vergleiches sehr leicht zum Opfer, immer dann nämlich, wenn man sich nur auf die Probleme eines gewissen Themas fokussiert.

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Ironie des Fortschritts - 3 Aspekte

Eine Zeit des rasanten Fortschritts ist also vor allem durch weniger Zeit und Energie für Marketing geprägt und vice versa, wenn es mit dem Fortschritt eher schleppend vorangeht.

Alle diese drei Faktoren, und das war eine ziemlich zufällige Auswahl, führen also zu einer verzerrten Wahrnehmung von Fortschritt. Es bleibt uns wieder mal nur eines: eine inhaltliche und faktenbasierte Auseinandersetzung mit den Themen, weil unser Gehirn uns sonst in die Irre denkt.

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Lügen oder Schweigen – eine Frage der Perspektive

Dass man nicht lügen soll, weiß jedes Kind. Dass nicht lügen nicht immer möglich ist ebenfalls. Vor allem wenn es um prosoziale Lügen geht, also Lügen von denen der Angelogene profitiert, sind viele bereit dem Wahrheitsgebot zu widersprechen. Manche sind aber auch der Meinung, dass es besser ist einfach nichts zu sagen, anstatt jemanden anzulügen.

In dem ausführlichen Artikel „The Surprising Cost of Silence. Asymmetric Preferences for prosocial lies of commission and omission.” haben Emma Levine et al. sich mit der Frage auseinandergesetzt, welche Art der Täuschung Menschen moralisch vertretbar finden.

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Labormäuse – verfälschte Evolution

Bret Weinstein zieht daraus den Schluss, dass Tests von Stoffen an Labormäusen die Karzinogenität dieser Stoffe überschätzen, dafür aber andere Effekte, die beispielsweise mit den Prozessen der natürlichen Alterung zusammenhängen, unterschätzen.

Nun zur methodischen Lehre. Schon vor Bret Weinstein haben sich Wissenschaftler Gedanken über einen derartigen Zusammenhang gemacht. Die Telomerlänge der Labormäuse wurde aber immer als starker Widerspruch gesehen. Da alle wichtigen Forschungsinstitutionen auf die Mäuse einiger weniger großer Produzenten zurückgreifen, hat nie jemand hinterfragt, ob Mäuse tatsächlich so lange Telomere haben.

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